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Neuer Park: Tempelhofer Feld offen - Autonome wählen den Weg über den Zaun

Rund 100.000 Menschen besuchten das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhofs zur Eröffnung des neuen Parks. Am Samstagabend überwanden Autonome die Umzäunung. Die Polizei räumte schließlich den Park. Die Nacht blieb ruhig.

In der Nacht hat es am neuen Park auf dem Tempelhofer Feld keine weiteren Vorfälle gegeben, sagte ein Polizeisprecher Tagesspiegel Online. Heute kann auf dem Flughafengelände weiter gefeiert werden. Besucher sind erneut bis Sonnenuntergang gegen 21 Uhr willkommen. Rund 100 Vereine und Verbände sorgen für ein breites Angebot an Freizeitaktivitäten, in dem am Samstag eröffneten Park.

"Der Tag bedeutet Lebensqualität in der Mitte der Stadt, es ist eine große Chance für Berlin", sagte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer, als sie am Samstag um neun Uhr das Tor zum Haupteingang am Tempelhofer Damm aufschloss. Die ersten Besucher, die bei nasskaltem Wetter schon auf Einlass warteten, applaudierten ihren Worten und machten sich auf, den neuen Park auf dem ehemaligen Flugfeld zu erkunden. Der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky sprach von einem historischen Tag. "Nach knapp 300 Jahren militärischer und flugtechnischer Nutzung wird das Tempelhofer Feld heute der Bevölkerung zurückgegeben", sagte er.

Von Massenandrang konnte so früh aber keine Rede sein, nur rund 60 Menschen warteten vor dem Tor - Skater, Radfahrer, Anwohner, die mit ihren Hunden unterwegs waren und das riesige Gelände erst mal für sich allein hatten. Bis zehn Uhr füllte sich der Park zusehends, pünktlich zum Start des 10-Kilometer-Laufs.

Als Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit am Mittag die Eröffnungsrede hielt, kam es zu vereinzelten Protesten. Mehrere schwarz gekleidete Jugendliche, die offenbar der linksautonomen Szene zugerechnet werden, störten die Rede mit Trillerpfeifen, Zwischenrufen und Sprechchören. Sie forderten „Weg den Zaun“ und „Keine steigenden Mieten in Tempelhof“.

Wowereit entgegnete, der Zaun habe über Jahrzehnte das Flughafenfeld umgeben und sei jetzt offen, sonst wären die Störer auch nicht hineingekommen. „Ohne Zaun hättet ihr ja gar nichts mehr zu überwinden“, rief er den Störern zu. Die übergroße Zahl der Zuhörer klatschte daraufhin und buhte ihrerseits die Kritiker aus. Wowereit verwies auf die Entwicklungschancen des Geländes. „Es ist ihr Flughafen“, rief er den Berlinern zu. Nach 80 Jahren sei es nun wieder möglich, das Tempelhofer Feld ungehindert zu betreten. Das Areal müsse jetzt „sensibel und überlegt“ entwickelt werden.

Ausgerüstet wie am 1. Mai hatten dann am Nachmittag Polizisten auch die Demonstranten begleitet, die für das Öffnen des Zauns und gegen befürchtete Mieterhöhungen durch das Aufwerten der Wohnungen am neuen Parkgelände protestierten. Sie zogen vom Hermannplatz zur Oderstraße vor dem Flughafenzaun in Neukölln. Am Nachmittag attackierten die ersten Autonomen die Umzäunung des ehemaligen Flugfeldes. Rund zwanzig von ihnen überwanden an einer schlecht gesicherten und kaum einsehbaren Stelle den Zaun und drangen auf das Flugfeld vor.

Das Sicherheitspersonal des Veranstalters Grün Berlin Gmbh erteilte mit Unterstützung der Polizei Platzverweise. Die Autonomen wurden abgeführt. Später kehrten sie mit Transparenten zurück und veranstalteten eine Spontandemo. Sie skandierten Parolen, die kaum verständlich waren, denn die Teilnehmer der Kleindemo hatten sich vermummt. Weitere Demonstranten aus der linken Szene schlossen sich an. Die Menge schwoll auf 300 Menschen an und lief kreuz und quer über das frühere Flugfeld. Die Polizei begleitete jede ihrer Bewegungen.

Außen am Zaun gab es unterdessen drei Festnahmen. Der Eingang Oderstraße Ecke Herrfurthstraße wurde nach der Attacke gesperrt und bleibt für den Abend auch zu. Vor dem gesperrten Eingang in der Oderstraße jedenfalls feierten die verbliebenen Demonstranten eine Party "mit Kombo und Grill", wie ein Polizeisprecher sich ausdrückte. Später ließen sich die Demonstranten nieder, um zu beratschlagen, wie sie den Abend und die Nacht verbringen wollten.

Auf dem Flughafengelände waren unterdessen immer noch 300 Demonstranten unterwegs. Nach Ende des Musikprogramms - unter anderem mit Frank Zander - zogen sie zur Hauptbühne des Parks. Kurz vor 21 Uhr riefen die Sicherheitsleute der Veranstalter dazu auf, das Parkgelände zu räumen und drohten damit, die Polizei einzuschalten. Die Demonstranten hielten sich zunächst nicht daran. Pünktlich um 21 Uhr begann dann die Räumung durch die Polizei. Die Demonstranten wurden in Richtung Neukölln abgedrängt. Es gab daraufhin einige spontane Sitzblockaden, aber keinen größeren Widerstand. Um 22 Uhr lag das Tempelhofer Feld wieder friedlich da.

Lange Wartezeiten, ruppige Ordner

Nach Polizeiangaben vom Nachmittag sollten alle anderen Eingänge außer Herrfurthstraße frei zugänglich sein. Allerdings berichteten Tagesspiegel-Leser von Schwierigkeiten, am frühen Abend auch an anderen Eingängen auf das Tempelhofer Feld zu gelangen. Daraufhin erklärte die Polizei, dass die Sicherheitskräfte des Veranstalters kurzfristig "je nach Sicherheitslage" einzelne Eingänge sperrten. Offenbar seien sie teilweise durch den Andrang überfordert, hieß es bei der Polizei. Tagesspiegel-Leser beschwerten sich unterdessen auch über ruppiges Benehmen der Ordner und lange Wartezeiten an den Toren. Zudem werde keine Auskunft erteilt, warum das Gelände zwischenzeitlich nicht begehbar sei.

Einige Eingänge seien am späten Nachmittag ,,temporär geschlossen gewesen", bestätigte der Sprecher des Veranstalters, Mathias Gille. Man habe dadurch jeweils Gruppen ferngehalten, die das Gelände besetzen wollten. Wenn friedliche Besucher von den Sicherheitskräften ruppig behandelt worden wären, bedauere er dies. Gille. ,,Die Situation war für unsere Wachschützer stressig." Am Sonntag sollen alle Eingänge wieder durchgängig offen sein.

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