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Gut vier Jahre war Kandt Präsident der Berliner Bundespolizeidirektion mit 5000 Mitarbeitern, davor Polizeipräsident in Frankfurt (Oder) und Potsdam.

© dpa

Neuer Polizeichef: Kühler Empfang für Klaus Kandt

Im Dezember soll Klaus Kandt zum neuen Polizeichef Berlins ernannt werden. Kritik kommt von SPD, Grünen und Linken, die lieber Margarete Koppers dauerhaft an der Spitze der Polizei gesehen hätten. Noch ist das letzte Wort aber nicht gesprochen.

Zehn Jahre Amtszeit. „Viel Zeit zum Gestalten“, sagt Klaus Kandt. Falls der 52-Jährige, der bei der Vorstellung ein wenig nervös wirkt, gestalten darf. Denn noch können die unterlegenen Kandidaten klagen. Und vor einem Jahr, da hatte der Senat mit Udo Hansen schon mal einen Polizeipräsidenten ernannt, den dann das Gericht stoppte und eine neue Ausschreibung erzwang. Auch Innensenator Frank Henkel (CDU) erinnert daran. „Ein unrühmliches Kapitel findet hoffentlich ein baldiges Ende“, sagte Henkel. „Im besten Falle“ – wenn es innerhalb von zwei Wochen keinen Einspruch gibt – kann Kandt Mitte Dezember ernannt werden. Wie berichtet, hat Klaus Keese, Leiter der Direktion 1, bereits angekündigt, die Ablehnung durch seinen Anwalt prüfen zu lassen.

Chancen auf einen Erfolg einer Klage sieht Henkel nicht, das Auswahlverfahren sei „fair“ gewesen. Kandt sei im Auswahlgespräch „das entscheidende Stück besser gewesen“. Mehrfach betonte Henkel, dass die Entscheidung für Kandt „keine gegen Frau Koppers“ war. „Ich würde mir wünschen, dass sie Vizepräsidentin bleibt.“ Der Senator kündigte an, sich mit Koppers treffen zu wollen, um sie zum Bleiben zu bewegen. Es kursieren seit langem Gerüchte, dass Koppers einen Wechsel zur Justiz plant. Seit Juni 2011 hatte sie die Behörde kommissarisch geleitet. Auch Kandt betonte, dass er sich auf die Zusammenarbeit mit Koppers freue. „Schade, dass ich auf mein Parteibuch reduziert werde“, reagierte Kandt auf die Kritik an seiner CDU-Mitgliedschaft. Auch Margarete Koppers, hatte im Tagesspiegel gesagt: „Ich bin von der Vorgängerregierung eingestellt worden, und ich bin kein Parteimitglied. Das Misstrauen mir gegenüber ist deshalb groß.“

Gut vier Jahre war Kandt Präsident der Berliner Bundespolizeidirektion mit 5000 Mitarbeitern, davor Polizeipräsident in Frankfurt (Oder) und Potsdam. Seit 1986 bereits lebt der gebürtige Schwabe in Berlin mit Frau und drei Kindern, „ich bin hier verwurzelt“ – auch in der Berliner Polizei. Martin Textor, der frühere Chef des Berliner Spezialeinsatzkommandos, kennt Kandt, seit der im Urlaub nach West-Berlin kam – um hier in der Freizeit beim SEK mitzuarbeiten. „Das fand ich doll“, erinnert sich der 2005 pensionierte Textor.

Kandt diente schon nach Abitur und Polizeiausbildung bei der GSG 9, der Anti-Terror-Einheit der Bundespolizei. Er wollte aber zum Berliner SEK, so erinnert sich Textor, weil die Truppe in beständigem Einsatz war, während die GSG 9 nur als „Trainingsweltmeister“ galten. Beim SEK war Kandt von 1986 bis 1990 Teamführer, im Einsatz gegen bewaffnete Kriminelle, Bankräuber oder Entführer. Auch den berüchtigten Einsatz am 1. Mai 1987, als es in Kreuzberg stundenlange Straßenschlachten mit Autonomen gab, machte Kandt mit. Aus der damaligen Zeit hat er viel Erfahrung mit brenzligen Einsätzen – und wie bei der Feier zum 40-jährigen Bestehen des SEK vor zwei Wochen zu merken, auch noch beste Kontakte zu ehemaligen Kollegen, was ihm die Arbeit als Präsident erleichtern wird.

Kandt sieht sich als „Teamplayer“

Wer zuletzt lacht - Klaus Kandt wird Polizeichef, wenn niemand gegen die Entscheidung klagt.
Wer zuletzt lacht - Klaus Kandt wird Polizeichef, wenn niemand gegen die Entscheidung klagt.

© DAVIDS

Aber am Dienstag dankten zunächst erst einmal alle Koppers. Am deutlichsten die SPD. „Ich danke ausdrücklich der Vize-Präsidentin für ihre lange Tätigkeit als amtierende Polizeipräsidentin“, teilte die SPD-Fraktion mit. „Ich bedauere es, dass die Chance verpasst wurde, mit Frau Koppers die erste Frau an die Spitze der Polizei zu berufen“, sagte der innenpolitische Sprecher Thomas Kleineidam. Mit ihr als Vizepräsidentin und Kandt als Behördenchef sei die Polizei aber „hervorragend aufgestellt“.

Auch die Grünen hätten gerne Koppers als Chefin gesehen. Innenexperte Benedikt Lux sagte, sie habe sich durch einen „offenen und zugänglichen Führungsstil“ ausgezeichnet. Der Polizei fehle es an Frauen in Führungspositionen. Scharfe Kritik kam von der Linkspartei. „Es ist nicht zu erkennen, dass Klaus Kandt besser geeignet ist“, sagte die frauenpolitische Sprecherin Evrim Sommer. Die Linkspartei kündigte eine rechtliche Prüfung an, ob die Ernennung gegen das Landesgleichstellungsgesetz verstößt. Dem widersprach die Innenverwaltung energisch. Das Gleichstellungsgesetz (LGG) sei nicht anzuwenden, da Kandt deutlich besser beurteilt worden sei. Auch Frauensenatorin Dilek Kolat teilte mit, dass sie keine Informationen über einen Verstoß gegen das LGG habe.

Kandt betonte, er sei „mehr Teamplayer“ als sein Vorgänger Dieter Glietsch, der die Behörde von 2002 bis zur Pensionierung 2011 geführt hatte. Bei der ersten Ausschreibung der Stelle unter Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte sich Kandt nicht beworben. Dies habe persönliche Gründe gehabt; unter einem rot-roten Senat rechnete er sich aber auch nur geringe Chancen aus. Unsicher ist die Position auch jetzt: In Berlin ist der bisherige Lebenszeitbeamte nur politischer Beamter, kann also vom Senat jederzeit entlassen werden.

Auf Kandt wartet viel Arbeit. Durch die eineinhalbjährige Vakanz sind viele Dinge am Platz der Luftbrücke nicht entschieden worden. Vizepräsidentin Koppers wollte als nur kommissarische Chefin nicht in die Strukturen der Behörden eingreifen, wie es im Präsidium hieß. Ansonsten will Kandt, wie er sagte, bewährte Dinge beibehalten. Wie beispielsweise das Konzept zum 1. Mai.

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