zum Hauptinhalt

Berlin: Neuer Sozialatlas: Welcher Kiez aufsteigt und wo der Absturz droht

Abstand zwischen Arm und Reich wird größer – Berlin wird wieder zur geteilten Stadt

Berlin entwickelt sich wieder zu einer geteilten Stadt. Der Abstand zwischen wohlhabenden und einkommensschwachen Bezirken wird immer größer, auch wenn das soziale Gefälle nicht der ehemaligen Mauerlinie zwischen Ost und West folgt, sondern den Stadtteilgrenzen. Das geht aus dem neuen Sozialstrukturatlas hervor, den Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) am heutigen Freitag der Berliner Öffentlichkeit präsentieren wird.

Neben die bekannten Problemgebiete, zum Beispiel in Kreuzberg, in Neukölln und in Wedding, sind neue Abstiegskandidaten getreten – und die finden sich vor allem im Osten. Nach Tagesspiegel-Informationen liegen hier zwölf der 20 Kieze mit der schlechtesten Sozialstruktur, das heißt also zum Beispiel viele Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose, geringe Einkommen, überalterte Bevölkerung und niedrige Lebenserwartung. Besonders der Plattenbau-Bezirk Marzahn-Hellersdorf ist auf dem Weg ins soziale Abseits. Gleich zweimal müssen ihm die Statistiker einen miesen Superlativ anhängen. Der berlinweit am schlechtesten abschneidende Kiez ist die – allerdings dünn besiedelte – Marzahner Straße. Gleichzeitig findet sich in dem Kiez auch das Areal mit der dramatischsten sozialen Abwärtsbewegung: die Gegend um die Havemanstraße.

„Das Ergebnis hat uns nicht überrascht“, sagt Dagmar Pohle, Sozialstadträtin von Marzahn-Hellersdorf. Eines der Hauptprobleme des Bezirks ist, dass gerade junge Familien massenhaft wegziehen. „Diese Abwanderung wird durch keinen Zuzug kompensiert“, sagt Pohle. Langfristig droht also eine Überalterung. Mit Hilfe des Sozialstrukturatlasses könne man nun dem Senat beweisen, dass er die Randbezirke nicht zugunsten der Innenstadt vernachlässigen dürfe. Und die Entscheidung, jetzt die Plattenbauten an der Havemannstraße umzubauen und teilweise abzureißen, sei bereits eine Reaktion auf die schlechten Daten.

Im Sozialstrukturaltlas aus dem Jahr 2000 lag Marzahn noch im Spitzenfeld der Berliner Bezirke, jetzt ist der neue Bezirk Marzahn-Hellersdorf gerade noch Mittelfeld. Das Ziel für die nächsten fünf Jahre? „Wir wollen den Abwärtstrend stoppen, aber das Spitzenfeld werden wir bis 2009 wohl nicht wieder erreicht haben“, sagt Pohle.

Auch auf der anderen Seite gab es Überraschungen. An der Spitzenstellung von Steglitz-Zehlendorf hat sich zwar nichts geändert. Aber gerade im Ostbezirk Treptow-Köpenick verbesserten sich eine ganze Reihe von Kiezen so überdurchschnittlich, das Fachleute schon vom Zehlendorf des Ostens sprechen. Außerordentlich gut steht auch die Gegend Alt-Stralau in Friedrichshain da, der Rosenthaler und der Karlplatz in Mitte oder auch der Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg. Allerdings lässt sich gerade an letzterem nachweisen, wie sich ein Kiez sozial stark verbessert und das dortige Quartiersmanagement trotzdem versagt haben könnte. Denn der Helmholtzplatz ist deshalb aufgestiegen, weil die dortige Bevölkerung fast komplett ausgetauscht wurde. Das heißt, die eher sozial schwachen „Urbewohner“ wurden von einkommensstarken Zuzüglern verdrängt. Eigentliches Ziel war aber eine gesunde Mischung aus beiden Grupen.

Eine Erfolgsgeschichte kann auch Reinickendorf für sich verbuchen. Der Bezirk, dem im 2000er Atlas eine Tendenz zur sozialen Verschlechterung beschieden wurde, hat sich stabilisiert und ist auf dem Weg nach oben. Das Erfolgsrezept erklärt Bezirksbürgermeisterin Marlies Wanjura so: „Wir haben vor sieben Jahren mit einer Imagekampagne begonnen.“ In Zusammenarbeit mit überregionalen Immobilienmaklern warb der Bezirk erfolgreich um Zuzügler aus anderen deutschen Regionen, die sich in Berlin niederlassen wollten. Das Ergebnis: Vor allem Familien mit Kindern und einkommensstarke Menschen zogen hier her.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false