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Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD).

© dpa

Neues Buch von Heinz Buschkowsky: Wenn der Islam zum Integrationshindernis wird

Von offenherzigen Intensivtätern bis zu den "Leistungsorientierten": Der Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky widmet sich in seinem neuen Buch dem Thema Integration - und deren Hindernissen. Eine Rezension.

Wie man provoziert, wusste Heinz Buschkowsky lange vor seinem Bestseller „Neukölln ist überall“. Warum er provoziert und vieles an der deutschen Integrationspolitik infrage gestellt hat, haben viele nicht verstanden oder verstehen wollen. In seinem neuen Buch „Die andere Gesellschaft“ geht der SPD-Mann, der die Neuköllner Kommunalpolitik nie verlassen wollte, grundsätzlich an sein Thema. Er fragt, wie Einwanderung eine Gesellschaft verändert. Und er fragt, warum besonders viele muslimische Einwanderer sich so schwer damit tun, in dieser Gesellschaft anzukommen.

Längst ist Buschkowsky zu bekannt und als unterhaltsamer, schlagfertiger Talkshow-Kombattant zu beliebt, um sich noch ernsthaft mit denen zu befassen, die ihm bald wieder Einäugigkeit, Spießigkeit, Deutschtümelei oder Rassismus vorwerfen werden. Umso interessanter ist sein Versuch, herauszufinden, wo und wie der Islam zum Integrationshindernis wird. In „Neukölln ist überall“ hat Buschkowsky vielen, die es so nicht hatten wahrhaben wollen, per Neuköllner Bezirkspolitik erklärt, was nicht geht, wenn religiöse Intoleranz bestimmend wird. Dass Mädchen aus strenggläubigen Familien nicht auf Klassenreisen mitfahren dürfen, gehört zu den harmlosesten Beispielen. In der „anderen Gesellschaft“ misst Buschkowsky die Toleranzen der Einwanderer und ihrer Kinder für die sie umgebende Gesellschaft neu aus.

"Nichts zu tun mit Deutschland"

Manches von dem, was er hört, wird bestehende Urteile nur festigen. Buschkowsky spricht mit dem Migrationsforscher Ralph Ghadban. „Ich frage ihn, wie er sich die im öffentlichen Diskurs zuweilen auftretende Aggressivität von Muslimen erklärt. Seine Antwort lautet, es geht um Macht. Muslime wollen überall einer divergierenden Gesellschaft ihre Normen aufzwingen. Das hat überhaupt nichts mit der Situation in Deutschland zu tun, sondern ist ein weltweites Phänomen. Man muss dazu wissen, dass Basis aller Bestrebungen die Scharia ist. Sie ist das Gesetzbuch … Den Schutz und die Förderung des Individuums, die Unverletzlichkeit der Würde und der Freiheit eines jeden Menschen sowie die Ächtung jedweder Form von Gewalt kennt die Scharia nicht.“

Solche Sentenzen bestätigen Buschkowsky in seiner Skepsis gegenüber dem strengen Islam. Gesprächspartner wie Ghadban oder Necla Kelek werden unduldsam, wenn sie die westlichen Freiheiten gefährdet sehen. Kelek antwortet auf die Frage, was zu tun ist: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Kinder bewusst miterleben, dass die Gesetze in diesem Land für alle gelten, auch zu Hause. Das heißt, dass dort, wo Eltern ihrer Erziehungspflicht – und zwar der Erziehungspflicht im Sinne dieser Gesellschaft – nicht nachkommen, klare Ansagen erfolgen.“

Ein paar Schlüsse

Bei solchen Gesprächen hat es Buschkowsky nicht belassen. Er hat auch den Austausch mit in Berlin bekannten Vorsitzenden von Moscheevereinen gesucht und mit dem Prediger Ferid Heider. Und er hat mit mehr oder weniger integrierten Berliner Türken geredet, von der „Mädchengruppe in einem sozialen Brennpunkt“ über den offenherzigen Intensivtäter bis zu jungen Leuten, die der Neuköllner Bürgermeister die „Leistungsorientierten“ nennt. Doch „die Mehrheit der jungen Leute beherrscht die deutsche Sprache nicht. Sie werden vermutlich auch nie ein Buch lesen oder etwas verstehen können, das jenseits der Trivialsprache liegt“, fasst er zusammen.

Er hört, dass noch immer die meisten Jungen paschahaft zu überzogenem Selbstgefühl gebracht und mit der Verantwortung für die „Ehre“ der Familie beladen werden, er hört, dass „Glaubenstraining durch die Koranschulen“ obligatorisch sei – und dass viele Muslime wenig Achtung vor der deutschen Gesellschaft hätten, weil hier viele auf Sozialbetrug mit der Verteidigung der Betrüger reagieren.

Der Neuköllner Bürgermeister zieht daraus ein paar Schlüsse, die mit dem Bildungswesen zusammenhängen. Sie würden viel Geld kosten, das bei späteren gesellschaftlichen Reparaturen, dem Justizvollzug etwa, gespart werden könnte. Vielleicht gibt sein Buch der erlahmten Debatte über Integration, über Chancen und Pflichten der Eingewanderten, neue Impulse. Das wäre wichtiger als die Forschung nach den Motiven durchgebrannter Salafisten.

Heinz Buschkowsky: Die andere Gesellschaft. Ullstein Verlag, Berlin 2014. 288 Seiten, 19,99 Euro.

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