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Um die Überschaubarkeit von Protesten zu gewährleisten, soll die Polizei filmen dürfen.

© dpa

Neues Gesetz: Streit um Videoüberwachung von Veranstaltungen

Der rot-schwarze Senat will der Polizei erlauben, Demonstrationen ohne Anlass zu filmen. Bürgerrechtsorganisationen und die Opposition wollen das verhindern - das entsprechende Gesetz könnte dennoch schon im März kommen.

Während Bürgerrechtler, Gewerkschafter, Linke und Grüne dagegen mobil machen, ist man sich in der Koalition sicher: In den nächsten Monaten wird das Gesetz zur Videoüberwachung von Veranstaltungen durch die SPD-CDU-Mehrheit im Abgeordnetenhaus wohl bestätigt werden. Die Polizei könnte dann ab April sämtliche Veranstaltungen unter freiem Himmel filmen – auch vollkommen friedliche. Anfang März wird der Gesetzentwurf im Innenausschuss besprochen werden, Ende März im Plenum des Parlamentes zur Abstimmung stehen.

Die Opposition kritisiert, dass ein solcher Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit „in aller Schnelle durchgepeitscht“ werden soll, wie es Klaus Lederer formuliert. Der Rechtsexperte und Linken-Landeschef fordert „mehr Gründlichkeit“, ihm dränge sich der Eindruck auf, der Senat will das umstrittene Gesetz noch vor dem 1. Mai durchbringen. „Dabei braucht es rechtlich für alle Hürden, die Menschen vom Demonstrieren abschrecken könnten, eine besondere Rechtfertigung“, sagte Lederer. Der Gesetzesentwurf sieht wie berichtet vor, dass die Polizei grundsätzlich Übersichtsaufnahmen von Demonstrationen und Festen machen darf. Die Videobilder sollen in Echtzeit der „Leitung des Polizeieinsatzes bei Versammlungen unter freiem Himmel“ helfen, „angemessen auf das jeweilige Geschehen“ reagieren wollen. Der Entwurf sieht nicht vor, dass die Videos gespeichert werden. Und auch Einzelpersonen sollen laut Entwurf nicht ins Visier geraten, weshalb „von einem erhöhten Standort aus in Weitwinkeleinstellung“ gefilmt werden soll.

Ein Sprecher von Innensenator Frank Henkel (CDU) wies am Dienstag auf den Anlass des Gesetzes hin: Nach einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts von 2010 ist die bis dahin übliche verdachtsunabhängige Überwachung friedlicher Demonstrationen nicht rechtens. Die langjährige Praxis der Berliner Polizei verstoße gegen Grundrechte, wer an Protesten teilnimmt, hätte nach Gesetzeslage 2010 nicht per se vom Staat gefilmt werden dürfen. Deshalb sieht der Koalitionsvertrag ein neues Gesetz zur „Sicherheit und Verkehrslenkung“ vor, dass man nun umsetze. Es handele sich nur um „Übersichtsaufnahmen“, sagte auch SPD-Innenexperte Thomas Kleineidam.

Erlaubt sind hierzulande aber immer dann Videoaufnahmen, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass von Demonstranten „erhebliche Gefahren“ ausgehen. Was „erhebliche Gefahren“ sind, schätzt freilich die Polizei selbst ein. Schon seit Jahrzehnten werden gezielt Zoomaufnahmen von einzelnen Demonstranten etwa am 1. Mai gemacht, die gebenenfalls auch gespeichert werden. Kommentar

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