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Runde Sache. Damit es nicht allzu langweilig aussieht im Innenhof des Innenministeriums, gibt es geschwungene Formen als Kontrast zu der gerasterten Fassade – ein überdimensionaler Fingerabdruck.

© Kitty Kleist-Heinrich

Neues Innenministerium in Berlin: Housewarming aus der Tiefe

Im April ziehen die Beamten ins neue Innenministerium ein – zuvor gab es schon mal einen Rundgang. Kugelsicher sind nur die Fenster des Ministerbüros. Gekühlt und geheizt wird mit Geothermie.

Schusssichere Fenster gibt es nicht überall, im Büro von Thomas de Maizière aber schon. Dass der Architekt des neuen Bundesinnenministeriums das verrät, handelt ihm einen Rüffel ein. „Sicherheitsrelevant“ ist hier alles. Ohne Anmeldung und Ausweis kommt man nicht mal durch den Zaun. Und dahinter warten Einsatzkräfte, die Besucher auf Schritt und Tritt begleiten. Den Maulkorb nimmt Thomas Müller gelassen. Mit ironischer Distanz erfüllte er die Aufgabe, diesen Hort von Ordnung und Sicherheit zu schaffen: In einem der steinernen Höfe legte er ein Beet an, das einem Fingerabdruck nachgebildet ist.

Ein Hingucker ist das Haus, das sich zwischen Kanzleramt und Bahnviadukt geduckt hält, trotzdem nicht. Dafür ist es zu ausladend, umschließt zu viel Raum (70.000 Quadratmeter) – auch wenn der Architekt den Block aufgelöst hat in Gebäudeteile, die ein Z im märkischen Sand bilden. Wer aber einen zweiten Blick wagt, erfreut sich an Details: Die tiefen Fensterausschnitte mit den winkligen Einfassungen lockern die Fassade auf, weil sie je nach Blickrichtung und Sonnenstand Schatten und Strukturen zeichnen.

208 Millionen Euro hat es gekostet und bietet Platz für 1400 Mitarbeiter. Alle Ministerialen sind in Berlin, in Bonn bleiben die „Dienstleister“: die Reisestelle, die Flüge für Mitarbeiter bucht, und die Bürgerauskunft. An dieser Aufteilung soll sich nichts mehr verändern, und auch der Abzug von 70 Stellen vom Rhein an die Spree, nach Eröffnung des Dienstgebäudes im April, folgt dieser Logik.

Der Bund investiert vier Milliarden in Berlin

Innenminister de Maizière kam nicht zur Besichtigung des Neubaus am Donnerstag – noch ist Bauministerin Barbara Hendricks Hausherrin. Die hat ihren Text nicht gelernt, sondern liest vom Zettel ab: Vier Milliarden Euro investiere der Bund zurzeit in Berliner Dienstgebäude, den BND und das Schloss nennt sie als größte Vorhaben. Und „stolz darauf“ ist die SPD-Politikerin, dass jedenfalls das Bundesinnenministerium wie geplant fertig wird und nicht mehr kostet als vorgesehen.

Innen im Innenministerium. Der große Sitzungssaal mit den großen Fenstern ist mondän holzgetäfelt.
Innen im Innenministerium. Der große Sitzungssaal mit den großen Fenstern ist mondän holzgetäfelt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wichtig ist das, denn nur dadurch geht auch die Rechnung auf, wonach sich der Umzug aus dem zurzeit gemieteten Bürohaus in die eigene Immobilie nach 20 Jahren lohnt. Statt Miete zu zahlen, werden also nun Kredite abbezahlt, und weil das Grundstück dem Bund gehörte, müssen nur die Baukosten bezahlt werden. Hilfreich ist dabei der geringe Energieverbrauch des Neubaus, „Geothermie“ hilft dabei: Dazu bohrten die Arbeiter 99 Meter tief ins Erdreich und brachten Sonden ein, die dem Boden im Winter Wärme und im Sommer Kühle entziehen.

Mit seiner Frau und auch allein besuchte Innenminister de Maizière wiederholt seinen künftigen Dienstsitz während der Bauzeit. Bei wichtigen Entscheidungen mischte er mit. Dass kein „römischer Travertin“ wie beim Auswärtigen Amt die Fassade verkleidet, sondern fränkischer „Jurakalkstein“, billigte er, um Kosten zu sparen. Auch die anthrazitfarbenen Böden im Foyer sind aus kostengünstigen Betonwerksteinen. Der strapazierfähige dunkle Teppichboden auf den Fluren wird auch kein Vermögen kosten.

Das Treppenhaus erstrahlt in hellen Farbtönen.
Das Treppenhaus erstrahlt in hellen Farbtönen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Aber der Architekt versteht sich nicht nur aufs Sparen, sondern auch auf große Gesten: Im Foyer reicht der Blick empor über sechs Stockwerke an der Südseite (im Norden sind es wegen des abschüssigen Baugrundes nur vier) bis zum Himmel – das weiß zu gefallen. Die weiße Tünche verstärkt die Wirkung der warmbraunen Kirschholztüren und Lichtbänder betonen die dynamischen Baufluchten der Etagen – das beeindruckt.

„Hier sind die ungeliebten Großraumbüros“, flüstert ein Mitarbeiter auf dem Weg durch die Flure. Aber davon gibt es eher wenige, die meisten Büros sind 15 Quadratmeter oder doppelt so groß mit Platz für ein bis zwei Mitarbeiter. Alle haben dieselben raumhohen Fenster, 1,30 Meter breit mit Einfassung je „Achse“, wie es heißt. Im Inneren erschließt sich auch der Grund, warum Bürohäuser endlos gleiche Fensterreihen im Äußeren haben: Räume können nach Belieben geschaffen und verändert werden durch Zusammenlegung von Achsen.

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