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Guter Einstieg. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) mit ihrer Vorstandsvorsitzenden Sigrid Evelyn Nikutta können jetzt mehr neue Wagen kaufen - hier stellte die Chefin kürzlich den neuen U-Bahntyp IK vor.

© Tim Brakemeier/dpa

Neues Investitionsprogramm: Ein Gewinn für die Stadt

Gute Nachrichten für die Hauptstadt: Der Berliner Senat geht davon aus, dass es in diesem Jahr einen Haushaltsüberschuss von mehr als einer Milliarde Euro geben wird. Ein Teil des Geld kann jetzt für dringend benötigte Investitionen eingesetzt werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Berliner Senat rechnet im laufenden Jahr mit einem Haushaltsüberschuss von mehr als einer Milliarde Euro. Das verlautet aus Regierungskreisen. Davon sollen 400 Millionen Euro in eine Rücklage für den Flughafen BER fließen, um den Berliner Anteil an den Mehrkosten bis 2018 zu finanzieren. Das restliche Geld, mindestens 600 Millionen Euro, soll jeweils zur Hälfte in die öffentliche Infrastruktur investiert werden und dem Abbau von Schulden dienen.
Schon in diesem Jahr kann die rot- schwarze Koalition aus dem Vollen schöpfen, um in Schulen und Hochschulen, Krankenhäuser und Verkehrsbetriebe, neue Wohnungen und Freizeiteinrichtungen zu investieren. Denn auch der Landeshaushalt 2014 schloss mit einem großen Plus ab. Erstmals wird nicht der gesamte Überschuss von 866 Millionen Euro in die Schuldentilgung gesteckt, sondern zu 50 Prozent dem neuen Sondervermögen „Infrastruktur der wachsenden Stadt“ (SIWA) zugeführt.

Jetzt kommt "SIWA"

Der Berliner Haushalt schreibt seit 2012 schwarze Zahlen. Rechnet man die Überschüsse zusammen, sind es bis Ende 2015 voraussichtlich drei Milliarden Euro. Das liegt an der guten wirtschaftlichen Lage, auch die wachsende Einwohnerzahl Berlins führt zu kräftig steigenden Steuereinnahmen. Im Herbst 2014 verständigten sich die Koalitionspartner SPD und CDU daher darauf, die finanziell günstige Situation zu nutzen und das Sondervermögen SIWA zu bilden. Im Dezember 2014 wurde das neue Investitionsprogramm – gegen den Widerstand des Ex-Finanzsenators Ulrich Nußbaum – per Gesetz auf den Weg gebracht.

Eine Hälfte für die Schulden, eine Hälfte für Investitionen

Es sieht vor, die Hälfte der Haushaltsüberschüsse in die öffentliche Infrastruktur zu investieren und mit der anderen Hälfte Schulden zu tilgen. Im laufenden Jahr stehen 433 Millionen Euro zur Verfügung, im nächsten Jahr wohl mindestens 300 Millionen Euro. Anfang März wird der Senat beschließen, wohin die Gelder in diesem Jahr fließen. Auf der Liste, die Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen in Abstimmung mit den Senatskollegen und den Regierungsfraktionen erarbeitet hat, stehen: etwa 50 Millionen Euro für Bau- und Sanierungsprojekte der Vivantes-Krankenhäuser, eine ähnlich hohe Summe für die Charité, die vor allem dem Rudolf-Virchow- und dem Benjamin-Franklin-Klinikum zugute kommen sollen. Außerdem etwa 30 Millionen Euro für die Grundsanierung von Polizei- und Feuerwehrwachen, über 60 Millionen Euro für zwei neue Multifunktions-Schwimmbäder in Pankow und Mariendorf und eine hohe zweistellige Millionensumme für neue U-Bahnwagen. Um die Flüchtlinge unterzubringen, sollen Wohncontainer für mehr als 40 Millionen Euro angeschafft werden, aber auch der Wohnungsbau und die Umstellung der Justizverwaltung auf eine elektronische Aktenführung werden aus dem Sondervermögen finanziert. Außerdem die Neugestaltung des Spreeparks.

Landeseigene Unternehmen sollen beim Abrufen helfen

Die Bezirke erhalten 50 Millionen Euro zusätzlich, um den beträchtlichen Investitions- und Sanierungsstau an öffentlichen Gebäuden, vorwiegend Schulen, schrittweise beheben zu können. Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh warnt aber vor einem Grundproblem. Jetzt schon seien viele Bezirke „aus unterschiedlichen Gründen“ nicht in der Lage, Investitionsmittel abzurufen oder auszuschöpfen. Damit das Geld aus dem Sondervermögen nicht liegenbleibe, müssten Senat und Bezirke an einem Strang ziehen. „Kompetenzgerangel werde ich nicht akzeptieren“, sagte Saleh dem Tagesspiegel. Wenn die Bezirke Hilfe bräuchten, bekämen sie Unterstützung. Beispielsweise könnten die landeseigenen Unternehmen BIM und Berlinovo ihr Knowhow beim Immobilienmanagement zur Verfügung stellen, sagte Saleh. Mehr Personal, etwa für die bezirklichen Bauämter, schloss er ebenfalls nicht aus. Ziel müsse es sein, die SIWA-Mittel „effektiv und pragmatisch“ in die wachsende Stadt zu investieren, um einen maximalen Nutzen zu erziele. Berlin fahre bei der öffentlichen Infrastruktur seit langem auf Verschleiß. „Das muss sich nun ändern.“

"SIWA"-Mittel - und Bafög-Gelder

Als Vorbild nannte Saleh die Umsetzung des bundesweiten Konjunkturpakets II, das 2009 auf den Weg gebracht und in Berlin mit Hilfe einer Lenkungsgruppe schnell und weitgehend reibungslos „verbaut“ wurde. Mit den 632 Millionen Euro, die damals zur Verfügung standen, wurden Schulen und Kitas, Krankenhäuser und andere öffentliche Gebäude saniert, Straßen repariert, Fahrzeuge für Polizei und Feuerwehr angeschafft und in Informationstechnologien investiert. Das neue, von Berlin selbst finanzierte Programm soll offenbar ähnlich funktionieren. Nicht nur SPD-Fraktionschef Saleh, sondern auch sein CDU-Amtskollege Florian Graf sagten in diesem Zusammenhang, dass sie die Zusammenarbeit der Koalitionsfraktionen mit dem neuen Finanzsenator Kollatz-Ahnen als angenehm und kooperativ empfinden. Ähnliches hört man aus dem Senat. Außer den SIWA-Mitteln sind auch noch Bafög-Gelder zu vergeben, weil der Bund die Förderung der Studierenden übernimmt. Es stehen jährlich 66 Millionen Euro zur Verfügung.

Auch Schultoiletten werden saniert

Daraus werden 2015 ein Schultoiletten-Sanierungsprogramm (12 Millionen Euro) finanziert und weitere 32 Millionen Euro bekommen Charité, Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen für dringende Sanierungsmaßnahmen. Den größten Brocken (8 Millionen Euro) bekommt die Charité, jeweils 4,9 Millionen Euro gehen an die drei Universitäten. Die Beuth-Hochschule für Technik erhält 2,9 Millionen Euro Sanierungsgelder, den Rest teilen sich die anderen Hochschulen und Fachhochschulen sowie das Studentenwerk.

Und so geht es jetzt weiter

Finanzsenator Matthias-Kollatz (SPD) hat Vorschläge gemacht, wer von dem vielen Geld profitieren soll. Darüber beraten die Haushaltsexperten der SPD/CDU-Koalition am Freitag in einer Klausurtagung. Anfang März will der Senat das Investitionsprogramm beschließen. Außerdem wird über einen Nachtragshaushalt für 2015 und die Verwendung der 66 Millionen Euro entschieden, die durch die Übernahme des Bafögs durch den Bund frei werden.

Insgesamt würden zehn Milliarden gebraucht

Der Investitions- und Sanierungsstau in Berlin wird auf mindestens zehn Milliarden Euro geschätzt. Zum Vergleich: Der Deutsche Städtetag geht von einem Investitionsbedarf in den Kommunen von insgesamt 118 Milliarden Euro aus.

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