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Schnittig. Jürgen Ast, Guido Knopp, Klaus Meine und Jaska Bizilj bei der Eröffnung des neuen Mauermuseums.

© Davids/Gerald Matzka

Update

Neues Mauermuseum in Berlin: Genschers Defibrillator und eine Scorpions-Schallplatte

Das neue Mauermuseum in Friedrichshain ist eröffnet. Auch Scorpions-Sänger Klaus Meine war gekommen. Die Ausstellung handelt von Seitensträngen der Diplomatie - und von der Mauer.

Auch Hans-Dietrich Genscher war in gewisser Weise anwesend bei dieser Museumseröffnung – als einer der Hauptakteure beim Fall der Mauer auf zahlreichen Filmschnipseln, als Ideengeber – und ganz konkret mit einem Defibrillator jenes Typs, der immer in seiner Nähe war, als er im Sommer 1989 nach zwei Herzinfarktend ennoch die Öffnung der Grenze in Ungarn aushandelte.

Ein Original-Flugblatt der Montagsdemos wird auch gezeigt

Das neue Mauermuseum an der Mühlenstraße in Friedrichshain, das selbstverständlich den touristenkompatiblen Namen „The Wall Museum East Side Gallery“ trägt, ist Genscher ebenso gewidmet wie Michail Gorbatschow, der an den Vorarbeiten beteiligt war und die Eröffnung bereits beim 25. Jubiläum des Mauerfalls angekündigt hatte. Dabei war er nicht – die ersten Besucher und Journalisten mussten am Mittwochabend mit zwei prominenten Zaungästen des Mauerfalls vorlieb nehmen, mit dem Historiker Guido Knopp und Klaus Meine, dem Sänger der „Scorpions“. Seine goldene Schallplatte für den Wende-Hit „Winds of Change“ wird das Museum künftig ebenso zieren wie ein Original-Flugblatt der Leipziger Montagsdemonstrationen, das Knopp aus seinem Privatarchiv spendiert hatte.

Das Museum nimmt das zweite Stockwerk des Mühlenspeichers an der Spree ein – das ist jenes weithin sichtbare Gebäude am Beginn der East Side Gallery, das bis zum Mauerfall als Ausguck für die DDR-Grenztruppen diente und heute ein Restaurant beherbergt. In den 13 kleinen Räumen wurden etwa hundert Monitore und Projektoren installiert, die alle Aspekte der Mauer-Geschichte zeigen – historische Quellen, Interviews, Multimediaprojektionen, Filme, alles in Deutsch und Englisch.

Ulbrichts legendäre Lüge

Es beginnt mit der Vorgeschichte, mit Ernst Reuters demonstrativem Pathos, mit Walter Ulbrichts legendärer Lüge, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu errichten. Dann steht die Mauer, hier konkret zu betasten, Zeitzeugen geben Auskunft über Grenzsicherung, Flucht und Tod – ein Gang auf den Balkon bietet nicht nur einen schönen Blick zur Oberbaumbrücke, sondern vermittelt auch eine konkrete Vorstellung davon, wie hier Kinder ertranken, denen von westlicher Seite aus nicht geholfen werden konnte.

Schwerpunkt der Ausstellung ist aber die Phase der internationalen Diplomatie, die schließlich zur Grenzöffnung führte - Exkurse gelten wichtigen Unbekannten wie dem ungarischen Grenzoffizier Arpad Bella, der beim „paneuropäischen Picknick“ im Grenzort Sopron nervenstark die DDR-Flüchtlinge passieren ließ. Sehr deutlich wird auch die extrem heikle Phase in den ersten Tagen nach dem Mauerfall, als durchaus die Gefahr eines militärischen Eingreifens der russischen Armee drohte. Der 13. Raum bietet eher leichte Kost: Er erinnert an das Konzert von Roger Waters, („The Wall“), das von schätzungsweise einer halben Million Menschen verfolgt wurde.

Neben dem Berater Guido Knopp haben die Dokumentarfilmer Jürgen und Daniel Ast großen Anteil am Museumsprojekt – sie haben mit vielen Zeitzeugen gesprochen, darunter auch Helmut Kohl, Michail Gorbatschow und James Baker. Das Museum soll in den kommenden Jahren kontinuierlich fortentwickelt werden, ein Teil der Einnahmen komme der historischen Forschung zugute, hieß es.

Das Museum befindet sich in der Mühlenstraße 78-80, Tel. 82717717. Geöffnet ist täglich 10-19 Uhr, der Eintritt beträgt 12,50/ ermäßigt 6,50 Euro.

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