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Das ehemalige Seniorenwohnhaus Hansa-Ufer 5 wurde von der öffentlichen Hand verkauft - für die Mieter eine Katastrophe. Künftig soll der Verkauf öffentlicher Wohnungen erheblich erschwert werden.

© Kai-Uwe Heinrich

Neues Wohnraumgesetz für Berlin: Senat will 30.000 neue Sozialwohnungen fördern

Subventionierung von Mieten und Neubau von Sozialwohnungen - das Abgeordnetenhaus verabschiedet das mit der Initiative Mietenvolksentscheid verhandelte Kompromisspaket.

Das Abgeordnetenhaus hat das Wohnraumversorgungsgesetz verabschiedet. Mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen. Linke und Piraten lehnten das Gesetz ab. Damit wird der Schutz für bedürftige Mieter in den rund 280.000 landeseigenen Wohnungen und 125.000 Sozialwohnungen erheblich verbessert. Wer einen Wohnberechtigungsschein (WBS) besitzt, bezahlt maximal 30 Prozent seines Einkommens für die Kaltmiete. Liegt die Miete darüber, wird sie subventioniert, allerdings mit maximal 2,50 Euro pro Quadratmeter.

Gesetz soll im Januar 2016 in Kraft treten

Das neue Wohnraumgesetz kann jetzt zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Die schnelle Verabschiedung und Umsetzung des Gesetzentwurfs war Teil des im Sommer ausgehandelten Kompromisses zwischen dem Senat und der Initiative Mietenvolksentscheid. Die Linken-Abgeordnete Katrin Lompscher erklärte am Donnerstag im Parlament, das Gesetz sei „vom Mietenvolksentscheid weit entfernt“. Es ändere nichts an den erhöhten Kostenmieten im sozialen Wohnungsbau und der teuren Mietumlage bei energetischer Modernisierung.

SPD-Mietenexpertin Iris Spranger sagte, das Gesetz löse nicht alle Probleme auf dem Wohnungsmarkt. Auf Antrag der SPD soll eine Expertenkommission weitere Maßnahmen zur Begrenzung von Mieten und Nebenkosten prüfen. Auch Lösungsmodelle bei den umstrittenen Kostenmieten im sozialen Wohnungsbau sollen diskutiert werden. Spranger kritisierte die ablehnende Haltung der Linken als „verantwortungslos“. Die Partei taktiere mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf. Im Herbst 2016 wird das Abgeordnetenhaus neu gewählt.

Bewohner der Koloniestraße protestieren gegen ihre Mieterhöhungen, eine Folge der so genannten Kostenmiete.
Bewohner der Koloniestraße protestieren gegen ihre Mieterhöhungen, eine Folge der so genannten Kostenmiete.

© Matthias Coers

Katrin Schmidberger von den Grünen lobte das Gesetz als „ersten Schritt in die richtige Richtung. Der soziale Versorgungsauftrag der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wird gesetzlich verankert.“ Auch im Wohnungsbaufonds stecke großes Potenzial, bislang sei aber noch zu wenig Geld im Topf. Die Regelung, Mieten ab 30 Prozent des Einkommens zu subventionieren, reiche nicht aus, um den Betroffenen zu helfen. Auch Schmidberger verlangte eine Neuberechnung der Kostenmiete.

Protest vor der SPD-Zentrale in Wedding

Vor der SPD-Landeszentrale in der Müllerstraße protestierten erneut Mieter aus der Weddinger Koloniestraße. Dort haben rund 500 Haushalte Mieterhöhungen auf rund 12 Euro kalt pro Quadratmeter erhalten, mit Verweis auf die Kostenmiete. Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup hatte die Mieterhöhungen als unzulässig erklärt, weil die Wohnungen inzwischen aus der öffentlichen Förderung entlassen worden seien. Mittes Sozialstadtrat Stephan von Dassel (Grüne) widerspricht dieser Einschätzung vehement. Er weist darauf hin, dass der Eigentümer gegen den Entlassungsbescheid des Bezirksamtes Widerspruch eingelegt habe. Damit müssten die Mieter vorerst die Mieterhöhungen akzeptieren.

1,4 Milliarden Euro kostet das Gesetzespaket

Das neue Gesetz verpflichtet den Senat, die Neubauförderung auszuweiten und innerhalb von zehn Jahren rund 30.000 neue Sozialwohnungen (bis max. 6,50 Euro/kalt) zu fördern. Die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften erhöhen die Zahl ihrer Wohnungen durch Neubau und Zukauf auf 400.000. Bei Neuvermietungen gehen 55 Prozent der Wohnungen an WBS-Besitzer.

Für das Gesetz wird ein Finanzvolumen von rund 1,4 Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren zur Verfügung gestellt, davon 900 Millionen Euro für die Neubauförderung, 300 Millionen Euro für die Eigenkapitalerhöhung bei den landeseigenen Unternehmen, 200 Millionen Euro für den Mietenausgleich im Sozialwohnungsbestand und 40 Millionen Euro für die Förderung der Modernisierung und Instandsetzung von Wohnraum.

Volksentscheid ist immer noch möglich

Das Gesetz ist eine Folge des geplanten Mietenvolksentscheids, mit dem ein Bündnis von Mieterinitiativen im Frühjahr erheblichen Druck auf den Senat ausüben konnte. In Verhandlungen einigten sich Senat und Initiative auf einen Kompromiss, dem jetzt beschlossenen Wohnraumversorgungsgesetz. Die "Initiative Mietenvolksentscheid" will in ihrem nächsten "Aktivenplenum" entscheiden, ob das neue Gesetz als ausreichend angesehen wird oder das eingeleitete Volksbegehren weiter verfolgt werden soll. Rein formal ist ein Volksentscheid immer noch möglich, allerdings gibt es noch kein offizielles Ergebnis der so genannten Zulässigkeitsprüfung beim Innensenator.

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