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Neukölln: Mission Umparken: Halteverbot für saubere Straßen

Ein neues Neuköllner Reinigungskonzept könnte zum Modell für andere Bezirke werden: Einmal im Monat parken die Anwohner ihre Autos um, damit Reinigungsfahrzeuge nicht behindert werden.

Die Berliner Stadtreinigung (BSR) wird ab November in der Hufeisensiedlung und der Krugpfuhlsiedlung in Neukölln ein neues Konzept für die Straßenreinigung einführen. Weg mit den Autos, heißt die Devise: Einmal im Monat müssen die Bewohner ihre Wagen für vier Stunden umparken, damit die Kehrfahrzeuge ungehindert an den Rinnsteinen entlangfahren können. Am Montag sollen die neuen Halteverbotsschilder aufgestellt werden, sagte Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing (SPD).

Seit Mittwoch informiert der Bezirk die Anwohner mit Flyern, wann das Halteverbot gilt. Blesing rechnet zwar mit Beschwerden, ist aber zuversichtlich, dass die Bewohner das Konzept annehmen werden: „Mit ein bisschen gutem Willen sollte das funktionieren.“ Zu den geplanten Verbotszeiten zwischen 8 und 12 Uhr seien manche Bewohner ohnehin mit dem Auto unterwegs, und „ein Rentner kann vielleicht seinen Monatseinkauf auf diese vier Stunden legen“.

Strafzettel soll es laut Blesing erst nach Ablauf einer Gewöhnungsphase von zwei Monaten geben. Weitere zwei Monate später sollen Falschparker aber auch abgeschleppt werden. Ob der Pilotversuch weitergeführt wird, soll sich nächstes Jahr zeigen. „Wir haben das aber zeitlich unbegrenzt angelegt“, sagte Blesing. Er geht sogar davon aus, dass das Konzept bei Erfolg auf andere Bezirke ausgeweitet werden könnte. Ebenso die BSR: „Wo es möglich ist, würden wir das gerne machen“, sagte Pressesprecher Thomas Klöckner und wies darauf hin, dass das Konzept schon jetzt in einzelnen Straßen erfolgreich angewendet wird, etwa in Treptow-Köpenick. Mathias Gille, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sagte: „Wir werden dieses Modellprojekt natürlich genau beobachten.“ Ob seine Behörde eine Ausweitung auf die ganze Stadt empfehlen werde, könne erst entschieden werden, wenn die neue Regelung ausgewertet sei. Grundsätzlich bleibe die Straßenreinigung aber Sache der Bezirke, sagte Gille.

Dort sind die Reaktionen unterschiedlich: „Das Konzept klingt gut“, sagte der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne). „Es ist doch im Sinne von allen Beteiligten, das viele Laub schnell zu beseitigen, das sonst hinter den Autos liegen bleibt.“ Jens-Holger Kirchner (Grüne), Bezirksstadtrat in Pankow, ist skeptischer: „Ich wüsste nicht, warum wir das machen sollten. Für die BSR ist es von Vorteil, aber der Aufwand, Verbotsschilder aufzustellen und die Stellplätze frei zu bekommen, ist erheblich.“ Ähnlich sieht man das in Charlottenburg-Wilmersdorf. „Es ist natürlich eine massive Einschränkung für die Anwohner“, sagte Baustadtrat Klaus- Dieter Gröhler (CDU). Für bestimmte Straßen sei das Konzept in seinem Bezirk sinnvoll, in Bereichen mit wenig Parkplätzen jedoch nicht.

Auch Maximilian Maurer vom ADAC hält das Parkplatzangebot für den Knackpunkt. „Wenn Parkraum fehlt, wird es zur Zumutung für die Autofahrer, und es entsteht zusätzlicher Verkehr durch Parkplatzsuchende.“ Deshalb bezweifelt er, dass sich das neue Reinigungskonzept in Berlin großflächig anwenden lässt. Schon in der 2008 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärten Hufeisensiedlung könnte es Probleme geben. „Die Parkplatz-Situation ist hier nicht sehr entspannt“, sagte Christoff Jenschke. Als Vorstand des Vereins der Freunde und Förderer der Hufeisensiedlung hält er es für einen „Schritt in die richtige Richtung“, dass die Straßen künftig besser gereinigt werden. Nur die neuen Verbotsschilder stören ihn.

Der aktuelle Versuch ist nicht der erste: Schon 1998 testete man in Neukölln, ob Halteverbote der BSR die Straßenreinigung erleichtern. Damals mussten Anwohner in vier Straßen einmal pro Woche umparken, der Plan sah vor, das Konzept auf 100 Straßen in Berlin auszuweiten. Die erhoffte Wirkung blieb aus: Nur etwa ein Fünftel der Autofahrer hielt sich an das Verbot. Nach einem halben Jahr wurde der Versuch eingestellt.

Die Praxis außerhalb Berlins zeigt allerdings, dass solche Ansätze funktionieren können. In Ländern wie Spanien, Italien, den USA und Frankreich ist es selbstverständlich, dass Autofahrer ihre Fahrzeuge regelmäßig umparken müssen. Ebenso in vielen Kommunen im Saarland, wo in bestimmten Straßen nur im Wechsel auf je einer Straßenseite geparkt werden darf.

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