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Berlin: Nicht nur die Liebe zählt

Zwei Berliner Geschäftsmänner streiten vor Gericht um die Ampelfrau. Heute wird das Urteil verkündet

Keine Frage, sie sieht hinreißend aus. Im Profil, aber auch von vorn. Die langen Haare trägt sie zu geflochtenen Zöpfen, zudem kleidet sie sich vorzugsweise in ausgestellten 60er-Jahre-Kleidern. Man kann ihr also durchaus modische Stilsicherheit attestieren. Und angemessenes Benehmen ohnehin. Nie kommt ein böses Wort über ihre Lippen, nie bemängelt sie irgendwas, stattdessen fügt sie sich hingebungsvoll in ihr Schicksal. Kein Wunder, dass sie bei Männern begehrt ist. Und Streitereien verursacht.

Das Landgericht in Mitte verhandelt derzeit die Markenrechte an der Ampelfrau. Um die streiten sich Jörg Davids, Inhaber des Friedrichshainer Geschenkartikelshops Mondos Arts, und Markus Heckhausen, Geschäftsführer der Ampelmann GmbH. Davids beruft sich auf Lizenzvereinbarungen mit dem sächsischen Ingenieur Joachim Roßberg. Er war in der DDR alleiniger Hersteller von Verkehrsampeln und beansprucht für sich, Erfinder der Ampelfrau zu sein. Kontrahent Heckhausen hingegen ließ sich die bezopfte Holde 2004 markenrechtlich schützen. Am heutigen Dienstag will der Vorsitzende Richter ein Urteil verkünden. Gütlich einigen konnten sich die Parteien bislang nicht.

Nach der letzten Anhörung im Januar hatten die Prozessgegner Zeit, eine neue Stellungnahme zum Sachverhalt abzugeben. Es geht um die Verwendung der Ampelfrau auf Tassen, T-Shirts oder Schlüsselanhängern. Womit sich die Frage verbindet, ob ihr Konterfei lediglich Dekoration ist oder Markenzeichen. Der Vorsitzende Richter war sich diesbezüglich selbst nicht ganz sicher. Bei der letzten Anhörung kam er zu dem Schluss, dass eine „markenmäßige Verwendung“ des Drucks auf T-Shirts gegeben ist. Als Vergleich nannte er den „D & G“-Schriftzug, der unweigerlich mit dem Designerduo Dolce und Gabbana verbunden wird. Ursprünglich wollte der Richter diesbezüglich eine Verkehrsbefragung durchführen lassen. Nach neuerlichen Überlegungen sah er davon aber ab. Anders verhält es sich jedoch bei Tassen. Da würden Kunden auf dem Gefäßboden nach dem Hersteller gucken, wo etwa Firmen wie KPM oder Hutschenreuther ihre Logos aufbringen. Die Ampelfrau, die seitlich die Trinkgefäße ziert, sei hier also lediglich dekoratives Element.

Geschenkshop-Inhaber Jörg Davids hat vor der heutigen Urteilsverkündung ein gemischtes Gefühl. Er fürchtet, dass er sich die Nutzungsrechte mit seinem Gegner teilen muss. Artikel mit dem Ampelfrau-Aufdruck hat er bis zur Urteilsverkündung aus seinem Sortiment genommen – um sich so eventuelle Ansprüche Heckhausens zu ersparen. Eine neue Stellungnahme hat er mit seinem Anwalt nicht verfasst. „Für uns bleibt alles beim Alten“, sagt er im Hinblick auf seine Lizenzvereinbarungen mit Roßberg.

Nach bisherigem Stand sieht es für Prozessgegner Markus Heckhausen und seine Ampelmann GmbH deutlich besser aus. Weil er sich die Ampelfrau markenrechtlich schützen ließ und das Abbild laut letzter richterlicher Ausführung im Januar bei T-Shirts und Schlüsselanhängern eindeutig als Markenzeichen zu identifizieren ist. Schon im November bekam Heckhausen vom Oberlandesgericht Dresden einen Großteil der Rechte am Ampelmann zugesprochen – zum Nachsehen von Ingenieur Joachim Roßberg. Der dürfte nun auch ein Interesse daran haben, dass Davids den Streit gewinnt. Als Geschäftsführer der Zwickauer Verkehrstechnik GmbH stammen aus seinem Unternehmen die Ampelanlagen mit dem weiblichen Pendant zum Ampelmann. Sie stehen in Zwickau und Dresden.

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