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Berlin: Nicht ohne einen Erwachsenen

Jugendliche dürfen bald in Berlin mit 17 ans Steuer. Andere Bundesländer haben damit gute Erfahrungen gemacht. Ein Pro und Contra

Lisa Popp aus Nürnberg macht ihrem Vater was vor. Der hasst Rückwärtseinparken – und tauscht das Steuer gern mit seiner 17-jährigen Tochter. Lisa lenkte ein paar Mal hin und her – und schon steht der Wagen in der Parklücke. Autofahren schon mit 17 Jahren, wenn ein Erwachsener als Beifahrer im Auto sitzt – viele Bundesländer haben mit dem Modellversuch „Begleitetes Fahren“ gute Erfahrungen gemacht. Am Dienstag wollen sich nun die Kabinetts-Verkehrsexperten von Berlin und Brandenburg darauf verständigen, Jugendliche ein Jahr früher ans Steuer zu lassen. Polizei, ADAC und Fahrlehrerverband freuen sich: Der Verkehr werde durch die zunehmende Fahrpraxis in Begleitung sicherer. Es gibt aber auch Skeptiker, die befürchten, dass sich Youngsters nach bestandener Fahrschulprüfung mit dem vorläufigen rosa Erlaubnisschein ganz allein ans Steuer setzen.

Eines ist klar: Jugendliche werden immer schneller selbstständig. Sie dürfen eher an Kommunalwahlen teilnehmen, länger in die Disko – und sind etwa auf dem Land früher darauf angewiesen, mobil zu sein, argumentieren die Befürworter vom „Begleitenden Fahren“. Was sagt die Statistik? 18- bis 25-jährige Fahranfänger rasen überdimensional häufig gegen Bäume, fahren alkoholisiert oder bekifft. Doch seitdem 17-Jährige zunächst ein Jahr lang begleitet und dann im zweiten Probejahr allein Gas geben dürfen, gingen die Unfallzahlen etwa in Niedersachsen enorm zurück. So begingen Früh-Fahrer im zweiten Jahr allein am Steuer 40 Prozent weniger Unfälle und 60 Prozent weniger Ordnungswidrigkeiten als Führerscheinneulinge, die sofort alleine fahren.

Auch die Polizei begrüßt den für Februar avisierten Versuchsstart: Die Begleitperson muss sich registrieren lassen. Diese braucht kein Verwandter zu sein, muss aber mindestens 30 sein und mindestens fünf Jahre einen Autoführerschein besitzen. Tabu sind mehr als drei Punkte in Flensburg und mehr als 0,5 Promille Alkohol im Blut.

Doch es gibt auch Zweifler. Bereits im Mai hatten Berlins Liberale einen Antrag auf Fahren ab 17 im Abgeordnetenhaus eingebracht – der vom Verkehrsausschuss abgelehnt wurde. Damals kritisierten Bündnisgrüne und SPD, solch „Spaßfahrten“ würden die Zahl der umweltschädigenden Autofahrten erhöhen. Man sollte lieber der Risikogruppe der 18- bis 21-Jährigen einen alten Hasen zur Seite stellen. Womöglich würden die Jung-Lenker missbraucht, um ältere alkoholisierte Personen nach Hause zu kutschieren. Und – das sehen auch die Polizeiexperten – es kann schwer werden, zu kontrollieren, ob da ein junger Mensch im ersten Jahr womöglich klammheimlich allein hinterm Steuer sitzt. Einige Jugendliche wiederum befürchten, dass ihnen der Erwachsene ins Steuer greift, obwohl er das nicht darf.

Annette Kögel

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