zum Hauptinhalt
Für ein Verbot der E-Zigarette fehlt bisher noch die rechtliche Grundlage.

© dpa

Nichtraucherschutz: Zank um das Qualmen mit der E-Zigarette

Seit vier Jahren ist das offizielle Rauchverbot in Berliner Lokalen in Kraft. Doch die so genannte "E-Zigarette" bringt einiges durcheinander - und um die juristische Lage gibt es Streit.

Ein neues zigarettenähnliches Rauchgerät hat die Debatte ums Qualmen in Berlin neu entfacht. Berlins Nichtraucherschutzgesetz, das vor vier Jahren in Kraft trat, wird nach langen Streitigkeiten zwar inzwischen von den Bezirken und dem Gaststättenverband gleichermaßen als erfolgreich angesehen, aber die sogenannte „E-Zigarette“ könnte künftig einiges wieder durcheinanderbringen. Denn für sie gilt aus Sicht der Gesundheitsverwaltung nicht das gesetzliche Rauchverbot in Lokalen. Die E-Zigarette besteht aus einer Hülse, in der eine nikotin- oder aromenhaltige Flüssigkeit mittels einer elektrischen Heizspirale verdampft wird und so die Illusion des Qualmens erzeugt. Ein wichtiges Vermarktungsargument: Anders als herkömmliche Zigaretten enthalten die "E-Zigaretten" keine Stoffe wie beispielsweise Teer, die krebserregend sind. Der Dampf, der in die Luft gelangt, stinkt nicht und soll geringer belastet sein als der herkömmlicher Zigaretten.

Die E-Zigaretten mit Nikotin würden von medizinischen Fachinstituten als zulassungspflichtige, gesundheitsgefährdende Arzneimittel eingestuft, sagt Regina Kneiding, Sprecherin von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU). Sie hätten aber keine Zulassung, folglich sei der Verkauf zu verbieten – egal ob die E-Zigaretten Nikotin oder nur Aromen enthalten. Die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Marzahn-Hellersdorf schritten bereits in Einzelfällen ein, beispielsweise in einem Tabakladen und in einem Reisebüro. Charlottenburg-Wilmersdorf berief sich auf das Gewerberecht, wonach ein Reisebüro E-Zigaretten nicht verkaufen dürfe. Marzahn-Hellersdorf argumentierte mit einem Gutachten des Landesamtes für Gesundheitsschutz. Doch bislang bewegen sie sich dabei auf unsicherem juristischen Terrain. Es fehlt aus Sicht der vorgepreschten Stadträte noch „die gesetzliche Grundlage für ein Verbot.“ Außerdem seien die Zuständigkeiten unklar.

Das seit Januar 2008 gültige Rauchverbot in Berlins Gastronomie hat sich aber inzwischen offenbar weitgehend durchgesetzt und bewährt. Das bestätigten am Donnerstag die Gesundheitsverwaltung und etliche Bezirke auf Anfrage. Auch der Hotel- Gaststättenverband (Dehoga), der anfangs stark gegen das Gesetz anging und ein Lokalsterben befürchtete, sieht die Entwicklung inzwischen eher positiv. Die meisten Restaurants und Kneipen seien nicht durch ausbleibende Raucher gefährdet, sagt Dehoga-Chef Thomas Lengfelder. Die Kunden hätten sich an die Einschränkungen gewöhnt.

Ganz anders sieht das die Initiative Forum Rauchfrei Berlin. Sie zieht eine „niederschmetternde Bilanz“ und fordert eine Verschärfung. Das Rauchverbot werde missachtet und viel zu wenig kontrolliert. Die Initiative sammelte 2011 rund 27.000 Unterschriften für ein komplettes Rauchverbot, ihre Gesetzesvorlage wurde aber vom Abgeordnetenhaus abgelehnt. Anstoß nehmen die Aktivisten vor allem an den zwei Ausnahmen des Gesetzes: Zum einen dürfen Lokale abgetrennte Raucherräume einrichten, außerdem sind extra gekennzeichnete Raucherkneipen erlaubt. Diese dürfen nicht größer als 75 Quadratmeter sein. Essensverkauf ist untersagt.

Laut einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums sind dagegen 80 Prozent der Berliner Gaststätten rauchfrei. Und die Bezirke teilen mit, die Anzahl der Beschwerden sei seit 2008 über 50 Prozent zurück gegangen. Die Zahl der verhängten Bußgelder von durchschnittlich 50 bis 200 Euro gegen Raucher und Wirte stieg zwar von 618 im Jahr 2009 auf 703 im Jahr 2010 leicht an, ebenso aber auch die Zahl der Kontrollen von 3260 auf 3325. In Friedrichshain-Kreuzberg überprüfen beispielsweise jeden Abend und nachts drei Kontrolleure gemeinsam Kneipen, Gaststätten und Clubs. Die Intensität der Kontrollen sei in etwa gleich geblieben, sagt Ordnungsstadtrat Peter Beckers (SPD).

Die Einnahmen durch Bußgelder aber nahmen dort auffällig ab. 2009 waren es in Friedrichshain-Kreuzberg rund 30.000 Euro, 2010 nur noch 20.000 Euro, im vergangenen Jahr setzte sich dieser Trend fort, genau Zahlen liegen noch nicht vor.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false