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Berlin: Niemand soll mehr frieren

Die Flüchtlinge vom Oranienplatz müssen nicht im Zeltcamp überwintern – sie bekommen eine feste Unterkunft. Den Ort wollen Senator und Bezirk lieber noch nicht nennen.

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Auf diese Nachricht haben sie lange gewartet: Die Flüchtlinge vom Oranienplatz sollen im Winter eine feste Unterkunft bekommen. Am Freitagnachmittag war die Freude im Zeltcamp groß. „Schon, als sich am Donnerstagabend die Meldungen verdichteten, dass es eine Lösung geben würde, brach hier der allgemeine Jubel aus“, sagt Taina Gärtner. Sie sitzt für die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain- Kreuzberg und ist quasi die Verbindungsfrau zwischen den Bezirks- und Landespolitikern und den Flüchtlingen, die seit einem Jahr den Oranienplatz mit einem Camp besetzt halten.

„Kein einziger Flüchtling will noch einen zweiten Winter hier auf der Straße verbringen“, sagt Gärtner. Und zerstreut damit Befürchtungen, wonach die Flüchtlinge die Zeltstadt am Oranienplatz gar nicht aufgeben wollten, um weiter ein Zeichen zu setzen. „Das können wir doch auch so“, sagt sie. „Unser Infopunkt wird als zentrale Anlaufstelle ja mit Sicherheit erhalten bleiben.“

Das hatte wenige Minuten zuvor auch die Bezirksbürgermeisterin, Monika Hermann (Grüne), gesagt – und zwar nach einem lang erwarteten Gespräch mit Sozialsenator Mario Czaja (CDU). Beide führen Gespräche mit Betreibern von Unterkünften, es gebe auch ein konkretes Gebäude, Adresse und Eigentümer wolle man aber bis zum Abschluss der Gespräche nicht bekanntgeben. Der Senator hatte, dies wurde klar, aber ein anderes Objekt eingebracht, als die frühere Polizeiwache in der Friedenstraße in Friedrichshain, die am Freitag in Bezirkskreisen genannt wurde.

Czaja hatte – wie Innensenator Frank Henkel ebenfalls CDU – darauf bestanden, dass der Platz geräumt wird, bevor Unterkünfte vom Land besorgt würden. Nun haben sich Herrmann und Czaja wohl darauf geeinigt, dass am Oranienplatz nicht mehr gewohnt und geschlafen wird, allenfalls eine politische Dauerdemonstration in Form von Infozelten sei noch gestattet. Dies bestätigte Hermann am Freitag. Warum der Prozess mehr als ein Jahr gedauert hat? Czaja sagte, erst seit kurzem seien die Flüchtlinge bereit, den Oranienplatz nicht mehr als Wohnlager zu nutzen. Im Winter gebe es „unabhängig vom Status“ der Menschen ein Gebot, „Leib und Leben“ zu schützen.

Taina Gärtner, die Unterstützerin vom Oranienplatz, schläft selbst seit Monaten in der Zeltstadt und weiß, wie schlimm die Situation für die Bewohner ist. „Ich bin wie viele krank nach den kalten Nächten in der letzten Septemberwoche“, sagt sie. „Ich stehe morgens mit ihnen Schlange, wenn der Sanitärcontainer mal wieder komplett gestört ist, ich hungere mit ihnen, wenn es nichts zu essen gibt.“

So sehr sich die Grüne freut, dass eine Lösung gefunden wird, so sehr ärgert sie das Verhalten von Bundes- und Europapolitikern. „Es kann nicht sein, dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die globalen Flüchtlingsprobleme löst“, sagte sie. Ähnliches sagen allerdings auch einige Mitarbeiter in der Senatsverwaltung.

Zudem kritisiert Gärtner Innensenator Henkel, der sich nicht auf ein Gespräch mit den Flüchtlingen eingelassen habe. Henkels Sprecher wies die Kritik zurück. „Der Senator ist für die Bezirksverordnete Gärtner definitiv der falsche Ansprechpartner“, sagte er. „Wenn sie Gesprächsbedarf hat, wie die vom Bezirksamt herbeigeführten Zustände abgestellt werden, dürfte ihr die entsprechende Ansprechpartnerin im Bezirk bekannt sein.“ Ansonsten habe sich der Senator auch ohne Zuständigkeit auf einer „angemessenen Ebene“ zum Camp ausgetauscht, „zum Beispiel im Senat oder mit Frau Hermann“.

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