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Berlin: Nordallianz gegen die Hauptstadt: Keine zusätzliche Hilfe für Berlin

Hamburg und seine Verbündeten leisten Widerstand gegen den Vorstoß des Senats für weitere Finanzmittel beim Bundesverfassungsgericht

Geht es Berlin noch nicht schlimm genug? Der Hamburger Senat hat jetzt eine „Nordallianz“ gegen die Hauptstadt geschmiedet. Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern wollen gemeinsam verhindern, dass das Bundesverfassungsgericht den Berlinern eine „Haushaltsnotlage“ attestiert und so Finanzhilfen ermöglicht. Die Haushaltskrise sei hausgemacht, meint Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU), Berlin habe zu viel ausgegeben und falle nur durch „lautstarke Ankündigungen“ auf. Auch die Wirtschaftsansiedlung bringt die Hamburger erneut auf die Palme. Der Berliner Senat reagierte gelassen.

Die Schuldengrenze Berlins von 50 Milliarden Euro wurde 2003 überschritten. Der rot-rote Senat hofft auf Zuweisungen in Höhe von 35 Milliarden Euro nach einem positiven Urteil in Karlsruhe. „Berlin beruft sich auf eine Ausnahmesituation und will daraus besondere Rechte herleiten“, heißt es in der gemeinsamen Erwiderung der Nord-Länder. Sie sehen keine extreme Notlage und behaupten, dass Berlin „seine politischen Möglichkeiten nicht genutzt hat“.

Auch Eberhard Diepgens Senat bekommt sein Fett weg: Erstaunlich sei, dass die bereits in den 90er Jahren erkannten Finanzzwänge ohne personalwirtschaftliche Konsequenzen und ohne entschlossene Konsolidierung geblieben seien. Im Visier: die Angleichung der Löhne in Ost- und West-Berlin. Die Übernahme der im Westen geltenden Besoldungs- und Tarifregelungen bereits 1994 habe zu überhöhten Personalausgaben geführt: „Kein neues Land der Bundesrepublik hat diesen Schritt der Tarifangleichung so früh erwogen oder gar vollzogen. Die Folgen der abweichenden politischen Entscheidung sind von Berlin zu tragen.“ Die Nordallianz fragt auch, ob weitere Privatisierungen Erlöse bringen könnten. Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz haben sich dieser Linie angeschlossen.

Die Länder lassen sich in dem Verfahren gemeinsam von dem Münchner Verfassungsrechtler Stefan Korioth vertreten. Sie wollen erreichen, dass sie keine Sanierungshilfen an die Hauptstadt zahlen müssen. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) prüft dies. Es sei „ein normaler Vorgang, dass die Länder ihre Gedanken dazu aufschreiben“, sagte Matthias Kolbeck, der Sprecher von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD): „Es besteht eine extreme Haushaltsnotlage. Die Beistandspflicht von Bund und Ländern ist gegeben. Es ist klar, dass das die Länder nicht in Begeisterungsstürme versetzt.“

Berlin ziehe gerade ein Sparkonzept durch, das seinesgleichen suche: „Das macht klar, dass wir das Problem angehen.“ Kolbeck verwies darauf, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf zehn Prozent Gehalt verzichtet haben. Berlin habe seine gut begründete Position bereits im September 2003 in seinem Antrag an das Verfassungsgericht dargelegt. Mit einem Urteil in Karlsruhe wird in diesem oder im nächsten Jahr gerechnet. Spätestens 2007 könnte dann Geld fließen

Der Hamburger Senat, mitten im Wahlkampf und wegen der Beteiligung von Rechtspopulisten umstritten, macht weiter Stimmung gegen die rot-rote Hauptstadt-Koalition. Hamburgs Finanzsenator Peiner: „Die Berliner Probleme sind nicht in Karlsruhe zu lösen, sondern nur im Roten Rathaus. Dort sind sie auch gemacht worden.“ Die Stadt erhalte die mit Abstand höchsten Zuwendungen aus dem Finanzausgleich: „Mehr kann es nicht geben.“ Peiner ist auch Bundesschatzmeister der CDU.

Aus Sicht des Hamburger Finanzsenators passt die von Berlin reklamierte Haushaltsnotlage auch nicht zu der „großzügigen Subventionsbereitschaft, mit der Hamburger Firmen an die Spree gelockt werden“. Die hatte auch Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gegenüber dem Tagesspiegel als „schlicht unanständig“ bezeichnet. Es mache keinen Sinn, hundert Arbeitsplätze in Hamburg ab- und in Berlin die gleichen hundert Arbeitsplätze aufzubauen. Er habe aber keine Angst vor der Berliner Konkurrenz, erklärte von Beust: „Die Schwierigkeit von Berlin ist doch: Es fehlt dort die lokale Nachfrage. Da hat Hamburg ein Standortplus, durch Airbus, den Hafen, da sind wir eine Klasse höher als Berlin.“

Günter Beling

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