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Berlin: "Norddeutsche Realisten": Mit Pinsel und Palette ins Reich der wilden Tiere

Eine selten eindringliche Begegnung zwischen zwei artverwandten Primaten: Mehr als eineinhalb Stunden betrachten sich Schimpansin Soko und Mensch André Krigar mit gespannter Aufmerksamkeit. Nur eine Panzerglasscheibe trennt die beiden im Affenhaus des Zoologischen Gartens.

Eine selten eindringliche Begegnung zwischen zwei artverwandten Primaten: Mehr als eineinhalb Stunden betrachten sich Schimpansin Soko und Mensch André Krigar mit gespannter Aufmerksamkeit. Nur eine Panzerglasscheibe trennt die beiden im Affenhaus des Zoologischen Gartens. In den eineinhalb Stunden des intensiven Augenkontakts scheinen die Hunderttausende von Jahren evolutionären Abstands zwischen den Geschöpfen mit wenigen Pinselstrichen aufgehoben.

Schimpansin Soko entdeckt die Faszination der Malerei. Kaum hat André Krigar Farben und Pinsel bereit gelegt und die Staffelei vor dem Käfig aufgestellt, rückt Soko ganz nah an ihn heran. Neugierig verfolgt die Schimpansenfrau jede Handbewegung des Malers. So viel Interesse an bildender Kunst hätte André Krigar nie erwartet. "Die Schimpansen beobachten einen unglaublich aufmerksam, da entwickelt sich eine besondere Nähe."

Der 48-jährige Berliner Maler gehört zu einer Gruppe von Künstlern, die an diesem Wochenende mit Leinwand, Pinsel und Farbpalette zu einer besonderen Geduldsprobe in den Zoologischen Garten gekommen sind. Von Freitag bis einschließlich heute porträtieren sie Zoobewohner für eine Ausstellung in der Steglitzer Galerie "Classico", wo die Bilder vom 31. Januar bis zum 17. März gezeigt werden. Die Idee zur malerischen Begegnung mit den Tieren hatte die Galeristin Christine Baba. Die teilnehmenden Künstler, die sich "Norddeutsche Realisten" nennen, kennt sie seit vielen Jahren. Der Kreis um den Flensburger Maler Nikolaus Störtenbecker, der die Gruppe begründete, findet sich immer wieder zu gemeinsamen Aktionen zusammen. Statt des stillen Ateliers bevorzugen die Norddeutschen Realisten das pralle Leben, die öffentliche Arbeit ist Teil des Schaffensprozesses. So bauten die Künstler ihre Staffeleien schon zwischen den Docks im Hamburger Hafen auf, malten zwischen Reisenden und Randexistenzen auf dem Hamburger Hauptbahnhof oder begleiteten das Segelschulschiff Gorch Fock auf einer zweiwöchigen Seefahrt von Cuxhaven nach Lissabon.

Für Gregor Mix, Verwaltungsdirektor im Zoologischen Garten, ist die Safari der Maler eine willkommene Werbeaktion in der publikumsarmen Winterzeit. "Die meisten Besucher sind Kinder und ihre Eltern, Omas, Onkels und Tanten. Wir hoffen, mit dieser Kunstaktion auch Leute zwischen 20 und 30 anzusprechen." Nach der Ausstellung in Steglitz würde Mix die Bilder deshalb gerne im Zoo zeigen. "Darüber würde ich mich freuen", sagt Galeristin Christine Baba. "Fragt sich nur, wie viele Bilder übrig bleiben. Denn wir wollen natürlich möglichst viele verkaufen."

André Krigar hat sich inzwischen den Flachland-Gorillas zugewandt. Doch die zeigen weit weniger Geduld mit seiner Kunst. Ständig muss er sich ein anderes Modell suchen, und mit jeder weiteren Schicht Ölfarbe verwandelt sich der Ausdruck des Gorillaporträts: "Dieses Bild hat schon mehrmals das Geschlecht gewechselt", sagt Krigar. Zu stören scheint ihn das nicht. "Das letzte Gesicht ist entscheidend für das Bild", erklärt der Maler - "wenn es überhaupt fertig wird".

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