zum Hauptinhalt

Berlin: Noten für die Lehrer

Das John-Lennon-Gymnasium in Mitte ist Vorreiter bei der Qualitätsentwicklung. „Schüler unterrichten Schüler “ heißt das neueste Projekt

Von Jeannette Goddar

Schulen machen sich fit für die Zukunft – und der Tagesspiegel ist dabei. Nach dem schlechten Abschneiden Berlins bei der Pisa-Studie stellen wir Schulen vor, die wichtige Reformen von sich aus angestoßen haben.

Die Schule. Das Dementi zuerst: Nein, es handelt sich bei der John-Lennon-Schule nicht um eine hippieske Bildungsanstalt mit Sitzkissen und Flokati in den Klassenräumen. Das nach dem Kopf der Beatles benannte Gymnasium in Mitte residiert in einem ehrwürdigen Backsteinbau und hat auch sonst auf den ersten Blick wenig Revolutionäres an sich. Es beherbergt 850 Schüler, von denen die Hälfte aus dem Kiez rund um die Zehdenicker Straße kommt. Die andere Hälfte reist gezielt aus ganz Berlin an, um hier unterrichtet zu werden.

An dem besonders Angebot kann der massenhafte Andrang nicht liegen: Außer dass die zweite Fremdsprache Spanisch ist, hat die John-Lennon-Schule einen ganz normalen Fächerkanon. Fragt man den Schulleiter Jochen Pfeifer, was die Schule denn zu einer so angesehenen mache, gibt der eine Antwort, die zunächst verblüfft: Er spricht von „demokratischen Strukturen“, von dem „wechselseitigen Respekt" zwischen Eltern, Schülern und Lehrern. Was dabei herauskommt ist wohl das Beste, was einer Schule passieren kann: „Corporate Identity".

Das Besondere. An der John-Lennon-Schule bestimmen nicht nur die Lehrer oder der Schulleiter, was gemacht wird. Die Eltern beteiligen sich mit einer äußerst aktiven Vertretung an der ständigen Erneuerung der Schule und veröffentlichen mit der „Yellow Submarine“ sogar eine eigene Zeitung. Darin werden nicht nur die Termine der Elternabende und etwaiger Vorträge veröffentlicht, sondern auch jene der Gesamt- und Zeugniskonferenzen. Anfänglich, erzählen Eltern wie Schulleiter, sei das Engagement bei einigen Lehrern durchaus auf Skepsis gestoßen; inzwischen habe sich eine enge Zusammenarbeit eingespielt.

Noch umtriebiger sind aber die Schüler: Unmittelbar nach Veröffentlichung der Pisa-Studie zog sich die Gesamtschülervertretung zur „GSV-Fahrt“ zurück - um „nach Verbesserungen zu streben und so unseren Lern- und Schulalltag zu verändern". Nach ein paar Tagen kamen sie mit einem ganzen Paket von Vorschlägen zurück. Darin schlugen sie unter anderem vor, den Unterricht abwechslungsreicher zu gestalten aber auch, dass Lehrer die Verantwortung hin und wieder komplett abgeben sollten.

An dem Konzept „Schüler unterrichten Schüler" wird gefeilt. Wenn es fertig ist, soll es in die Tat umgesetzt werden. Längst Realität ist die Evaluierung der Lehrer durch ihre Schüler. Am Ende eines jeden Schuljahres stellen sich die Lehrer der Bewertung durch die Schüler anhand eines umfangreichen Fragebogens. Das ist aber noch lange nicht alles. Das John-Lennon-Gymnasium gehört nämlich auch zu den Vorreitern bei der Entwicklung eines eigenen Schulprogramms im Projekt „Pädagogische Schulentwicklung“ (SQIB). Dabei wird es unterstützt von zwei Moderatoren, die ihnen das Landesinstitut für Schule und Medien schickt. Sie bilden mit mehreren Lehrern, der Schulleitung sowie Eltern- und Schülervertretern eine so genannte Steuerungsgruppe, die sich darüber verständigt, wohin die Schule will (siehe untenstehender Artikel). Aktuell wird etwa diskutiert, ob in allen Klassenstufen der Frontalunterricht abgeschafft werden soll. Bisher sind nur die 7., 8. und 11. Klassen umgestellt worden. Sie arbeiten in Gruppen nach den Methoden des Schulreformers Heinz Klippert. „Der Lehrer schlüpft in die Rolle eines Coaches“, erläutert Schulleiter Jochen Pfeiffer.

Ziel sei, dass die Schüler „lernen zu lernen“, indem sie sich selbst Zusammenhänge erschließen. Ihm ist inzwischen klar geworden, „dass sich Schule in den nächsten Jahren sehr stark verändert“. Dabei wolle seine Schule nicht den Anschluss verpassen. Gleichzeitig weiß Pfeiffer, dass nicht jeder Lehrer für jede Methode geeignet ist: „Ein Lehrer muss seine Rolle und seinen Stil finden", sagt er.

Eltern und Schüler.„Natürlich gibt es immer etwas zu verbessern", sagt Nicole Siewert, die 2003 Abitur macht - „aber hier können wir uns mit unseren Vorschlägen einbringen und selber mit dafür sorgen, dass wir in der Schule etwas lernen - und es trotzdem Spaß macht". Auch Selma Schrader lobt das „offene Verhältnis" zwischen Lehrern und Schülern. Und dass der Unterricht immer wieder durch Projekttage und kreative Arbeitsformen aufgelockert wird. „Mitgestalten" zu können, reizt auch die Elternvertreterin Sofie Masuhr. „Das heißt ja nicht, dass man dauernd den Unterricht kritisiert",sagt Masuhr. Sondern: „Das ist eine Schule, die sich wirklich auf den Weg gemacht hat, sich jeden Tag aufs Neue den gesellschaftlichen Veränderungen zu stellen. Und sich daran zu beteiligen ist ungemein reizvoll."

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false