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Berlin: NPD-Chef fühlt sich diskriminiert

Gericht verhandelt über Hotelverbot

Von Frank Jansen

Frankfurt (Oder) - Udo Voigt kam geradezu staatsmännisch ins Gericht, im dunkelblauen Zweireiher-Sakko, mit blauem Hemd und blauer, dezent gemusterter Krawatte. Als wollte der NPD-Chef demonstrieren: Ich bin seriös und keineswegs gefährlich. Doch das glaubt nicht jeder, Voigt ist seit 14 Jahren Vorsitzender der härtesten rechtsextremen Partei in der Bundesrepublik. So einen wollte der Direktor des Hotels Esplanade in Bad Saarow nicht als Gast und erteilte ihm, wie berichtet, Ende 2009 Hausverbot. Doch Voigt wehrt sich mit einer Klage, am Dienstag stand die Verhandlung bei der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) an. Sie brachte keiner Seite den erhofften, schnellen Durchbruch. Zumal Voigt und die Vertreter des Hotels eine „Güteverhandlung“ ablehnten.

Die Sache mit einem Streitwert von immerhin 7500 Euro habe möglicherweise eine Bedeutung, „die über den Einzelfall hinausgeht“, sagte der Vorsitzende Richter, Hans-Dieter Peine. Denn der Streit zwischen Voigt und dem Hotel ist für die Kammer ein Anlass, auf einen Webfehler im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Diskriminierung verhindern soll, hinzuweisen. In Paragraf 1 wird als „Ziel des Gesetzes“ unter anderem aufgeführt, Benachteiligungen aus Gründen der „Weltanschauung“ zu verhindern oder zu beseitigen. Weltanschauung ist eines von acht Kriterien. Doch im Paragrafen 19, in dem es um das „Zivilrechtliche Benachteiligungsverbot“ unter anderem bei „Massengeschäften“ geht, sind nur sieben Kriterien genannt – von Weltanschauung ist nicht die Rede.

Richter Peine betonte jedoch, die entscheidende Frage sei, ob die Vertragsfreiheit eines Hoteliers so weit reicht, dass er einem potenziellen Gast die Beherbergung mit Verweis auf dessen Weltanschauung verweigern und ihn damit „zivilrechtlich benachteiligen kann“. Peine belehrte zudem Voigts Anwalt, Carsten Schrank, die von ihm vorgebrachten Klagegründe seien „nicht die entscheidenden Fragen“. Schrank hatte in seinen Schriftsätzen weniger das AGG in den Mittelpunkt gestellt als das „Persönlichkeitsrecht“ des NPD-Chefs sowie dessen frühere Aufenthalte im Hotel.

Im Gericht behauptete Schrank auch, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Brandenburg habe mit dem Verfassungsschutz einen Vertrag geschlossen, um Rechtsextreme als Gäste fernzuhalten. Was nicht stimmt – der Verfassungsschutz half dem Verband, ein Merkblatt zur „Vermietung von Räumlichkeiten an extremistische Mieter“ zu erstellen.

Für den Anwalt des Esplanade, Jörg Umlauf, geht es nicht nur um Voigts Weltanschauung. Vielmehr liege auch ein „sachlicher Grund“ für das Hausverbot vor. Umlauf verwies auf ein Berliner Urteil vom April 2009. Das Amtsgericht Tiergarten hatte Voigt eine Bewährungsstrafe auferlegt, weil er mit anderen NPD-Funktionären zur WM 2006 einen rassistischen Planer fabriziert hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Kammer in Frankfurt (Oder) will am 22. Juni ihre Entscheidung verkünden. Frank Jansen

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