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Seit Monaten haben Flüchtlinge am Oranienplatz ihr Camp aufgeschlagen, um auf ihre Forderungen nach Verbesserungen in der Asylpolitik aufmerksam zu machen.

© Mike Wolff

NPD-Demonstration: NPD mobilisiert gegen Flüchtlinge

Die NPD will am Samstag an fünf Orten in der gesamten Stadt gegen Flüchtlingsheime demonstrieren. Mehrere hundert Polizisten sind den ganzen Tag über im Einsatz.

Proteste gegen den NPD-Demo-Marathon sind ausgerechnet in Kreuzberg bis zum Freitagabend nicht angemeldet worden. Linkspartei und SPD rufen lediglich in Hellersdorf und Marienfelde zu Kundgebungen und Demonstrationen auf. Aber natürlich erwartet die Polizei auch in Kreuzberg Proteste und Störungen. Am Moritzplatz will die NPD ihren Kundgebungsmarathon am Sonnabend um 9.30 Uhr beginnen. Es folgen diese Stationen: 11.30 Uhr Alice-Salomon-Platz in Hellersdorf, 13.15 Uhr Wilhemsruher Damm in Reinickendorf, 14.45 Uhr Spandauer Damm in Westend und 16.15 Uhr Marienfelder Allee in Tempelhof. In der Nähe befinden sich jeweils existierende oder geplante Asylbewerberunterkünfte.

Angemeldet bei der Polizei sind jeweils 20 Personen und pro Station eine Stunde. Ursprünglich wollten die Rechtsextremisten auf dem Oranienplatz starten, wo seit Monaten Asylbewerber in Zelten leben. Das hat die Polizei nicht zugelassen, nun liegen 300 Meter zwischen Neonazis und Camp. Mehrere hundert Polizisten werden im Einsatz sein, um ein direktes Aufeinandertreffen zwischen Linken und Rechtsradikalen zu verhindern. Zudem mobilisieren Linke zu einem nächtlichen Wachschutz für das Flüchtlingscamp. Zudem wird zu Störungen der NPD aufgerufen: „Antifaschistischen Selbstschutz organisieren“, heißt es auf der Internetseite einer linksautonomen Gruppe.

Grünen-Politikerin Bettina Jarasch: "Die Hetze der NPD ist unerträglich"

„Die Hetze der NPD ist unerträglich. Flüchtlinge, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, brauchen in ihrem Asylverfahren eine menschenwürdige Unterkunft“, sagte die Berliner Grünen-Vorsitzende Bettina Jarasch. Es sei Aufgabe des Berliner Senats, dafür angemessen zu sorgen und die Berliner Bezirke, in denen Unterkünfte geplant seien, nicht alleinezulassen. Von einer menschenverachtenden Kampagne der NPD sprach der stellvertretende Landesvorsitzende der Linken, Daniel Tietze: „Es darf nicht sein, dass rassistischer Wahn das Bild der Stadt bestimmt.“ Das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit gelte auch für Parteien wie die NPD, sagte der stellvertretende Senatssprecher, Bernhard Schodrowski. Ganz sicher sei aber, dass die Polizei sehr genau darauf achten werde, wenn strafrechtlich relevante Äußerungen gemacht würden.

„Es ist unerträglich, dass die NPD das Parteienprivileg zur Verbreitung ihrer rassistischen Propaganda nutzen kann“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dem Tagesspiegel. Und deshalb hoffe er, dass das vom Bundesrat beschlossene Verfahren zum Verbot der NPD erfolgreich sein werde. Am heutigen Vormittag will der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), gegen die Kundgebung der NPD am Moritzplatz protestieren. Er bezeichnete die Aktionen der Neonazis als „eine große Provokation“ und den Versuch, „den Brandherd, den sie in Hellersdorf gelegt haben, in die übrige Stadt zu tragen“.

Innensenator Henkel: "Situation am Oranienplatz ist weder im Interesse der Flüchtlinge noch im Interesse der Anwohner"

Unterdessen hat Schulz gemeinsam mit der Integrationsbeauftragten des Landes Berlin, Monika Lüke, für kommenden Donnerstag am Camp zu einem runden Tisch eingeladen. „Wir haben auch noch einen Raum gemietet, wenn es am Ort nicht möglich ist, vernünftig miteinander zu reden“, sagte Schulz. Angeschrieben wurden Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), die Bundesintegrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU), die Fachpolitiker der Bundestagsfraktionen, Sozialsenator Mario Czaja (CDU), Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU). Auch an den Staatssekretär in der Innenverwaltung, Bernd Krömer (CDU), erging eine Einladung. Dieser hatte vom Bezirk in einem Brief wissen wollen, wann die rechtswidrige Nutzung des öffentlichen Straßenlandes beendet, also das Camp aufgelöst wird. Diese Forderung weist Schulz strikt zurück.

Aber Krömer steht mit seiner Einschätzung nicht allein da. Auch Innensenator Henkel ist für ein Ende des Flüchtlingscamps: „Die Situation am Oranienplatz ist weder im Interesse der Flüchtlinge noch im Interesse der Anwohner. Ich sehe die rechtliche Situation, die zunehmenden Spannungen und die hygienischen Zustände äußerst kritisch.“ Senatschef Wowereit hält das Camp nicht für eine Dauerlösung: Den Menschen, die auf Missstände im Asylverfahren aufmerksam machen, sei nicht damit geholfen, „wenn sie unter menschenunwürdigen Umständen über so eine lange Zeit campieren“, hatte er in einem Interview mit dem Radiosender 104.6 RTL gesagt. Wowereit appellierte an alle Beteiligten, nach „sinnvollen Lösungen“ zu suchen. Dazu gehöre einerseits, das Camp aufzulösen und überflüssig zu machen, „aber andererseits ist es auch ein Auftrag an die Politik, einige der Forderungen, die zu Recht erhoben werden, umzusetzen“.

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