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Berlin: NPD-Verbot: Bundespräsident Rau soll für die Koalition gegen Rechts sprechen

Die Idee gab es schon eine ganze Weile. Am 6.

Die Idee gab es schon eine ganze Weile. Am 6. Oktober, nach einem Solidaritäts-Gottesdienst für die Jüdische Gemeinde, setzten sich Andreas Nachama, Renate Künast und Peter Strieder dann im Gemeinderaum in der Pestalozzistraße zusammen und machten die Verabredung fest: Am 9. November soll in Berlin eine "Großdemonstration" gegen Rechtsextremismus und Rassismus stattfinden. Der "Aufstand der Anständigen", wie ihn der Bundeskanzler gefordert hatte. Wie am 9. November 1992, als 300 000 Leute gegen Rechts auf die Straße gingen. "Aus alter Berliner Tradition", sagt Renate Künast, hätten die drei "das angeschoben, einer muss es ja machen". Vergangene Woche luden die Grüne, der Sozialdemokrat und der Vorsitzende der Berliner Jüdischen Gemeinde dann zu einem Arbeitsfrühstück. Guido Westerwelle von der FDP kam, der CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz, Petra Pau von der PDS und ein Vertreter der Gewerkschaften. Die Runde fand die Idee gut.

Der Aufzug soll am Jahrestag der Pogromnacht um 16.30 Uhr mit einer Kranzniederlegung an der Synagoge in der Oranienburger Straße beginnen und am Brandenburger Tor enden. Am Tor auch deshalb, um deutlich zu machen, dass die Mehrheit der rechtsextremen Minderheit nicht den Platz überlässt. Als Hauptredner ist der Bundespräsident vorgesehen - wie am 9. November 1992. Damals hatte Richard von Weizsäcker gesprochen, diesmal soll es Johannes Rau sein. Die Abschlusskundgebung ist für 21 Uhr geplant, angemeldet hat sie SPD-Generalsekretär Franz Müntefering, wie die Polizei bestätigt.

Allerdings fällt die Vorbereitung nicht ganz leicht, vor allem der CDU nicht. Einen ersten Entwurf wollten die Christdemokraten noch einmal überarbeitet sehen, seither wechseln Papiere hin und her. "Die Gespräche laufen noch", sagt ein CDU-Sprecher. "Uns ist das Anliegen wichtig." Woran die CDU-Unterschrift bislang scheiterte, vermag der Sprecher allerdings nicht zu sagen. Auch die Frage, wofür und wogegen die Union denn in einem Aufruf wäre und welche Inhalte sie mittragen würde, möchte die Partei derzeit nicht beantworten, man wartet die Präsidiumssitzung am Montag ab.

Schwierigkeiten bereitet der Union dem Vernehmen nach vor allem der Teilnehmerkreis und die Frage, wer als Erstunterzeichner mit unter dem Aufruf steht. Denn bei dem Vorbereitungsfrühstück war auch die PDS-Politikerin Petra Pau anwesend. Die PDS "wird den Aufruf unterzeichnen", so Pau. Die Berliner CDU hatte sich aber in der Vergangenheit geweigert, mit der PDS gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. So kam eine gemeinsame Veranstaltung der Parteien am 29. Januar, als die NPD am Tor aufmarschierte, nicht zustande.

Auch deshalb soll der Aufruferkreis diesmal möglichst groß sein - von Fernsehmoderatoren über Künstler bis zu Sportlern. Sogar die Bundestrainer-Zwischenlösung Rudi Völler ist gefragt. "Keiner versucht, das für seine Partei zu vereinnahmen", sagt Pau. Und die grüne Parteichefin Renate Künast ergänzt: "Die Demo soll ganz klar parteiübergreifend sein." Die Veranstalter hoffen, dass durch einen so breit getragenen Appell möglichst viele Leute angesprochen werden.

"Es soll kein Aufruf sein, der es jemand schwer macht, zu unterschreiben", sagt deshalb Renate Künast. Die Unterzeichner wenden sich in dem Text gegen rechte Gewalt und Fremdenfeindlichkeit, plädieren für Respekt und Toleranz gegenüber verschiedenen Religionen, Weltanschauungen und Hautfarben und fordern ein Aufstehen der Mehrheit. Wie Rechtsextremismus angemessen bekämpft werden soll, bleibt dagegen offen. "Es geht im Kern um die so oft angemahnte Zivilcourage", sagt Renate Künast. 300 000 Menschen wie am 9. November 1992 werden es wohl nicht werden. Aber, sagt Pau, "einige Zehntausend möchten es schon sein".

Holger Stark

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