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Unheimliche Nähe. Planten die NSU-Terroristen einen Anschlag auf die Synagoge in der Rykestraße? Ein Zeuge will Uwe Mundlos und Beate Zschäpe im Jahr 2000 in der Nähe des größten jüdischen Gotteshauses in Deutschland erkannt haben.

© picture-alliance/ dpa

NSU-Terror in Berlin: Im NSU-Visier: Führt eine Spur ins Jahr 1998?

Die rechtsextreme Terrorzelle NSU soll im Mai 2000 ein Gotteshaus in der Rykestraße ausgespäht haben. Hatte die Gruppe auch mit dem Anschlag auf das Grab von Heinz Galinski tun?

Von Frank Jansen

Die Synagoge in der Rykestraße ist eine der größten Europas. Dass die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) geplant haben könnte, hier einen Anschlag zu verüben, erscheint naheliegend. Nicht nur, weil die Aussage eines Polizisten vom Mai 2000, er habe Beate Zschäpe und Uwe Mundlos in der Nähe des Gotteshauses beobachtet, plausibel klingt. Auch wenn keines der bislang bekannten Verbrechen des NSU einem jüdischen Ziel galt, ist die antisemitische Einstellung von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und der mit ihnen untergetauchten Beate Zschäpe kaum zu bezweifeln. Ein Beispiel: Zeugen haben im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München berichtet, die drei hätten sich im Untergrund mit einem selbst entworfenen Spiel namens „Pogromly“ befasst. Wie der Name schon andeutet, wurden die Vernichtungslager des NS-Regimes glorifziert. Auf einer Spielkarte stand, „Gehe zum nächsten KZ um die gefangenen Juden abzugeben und zahle dem Besitzer das Doppelte der normalen Miete“.

Polizei fand Liste mit Adresse der jüdischen Gemeinde

Es gibt Indizien, dass der NSU und sein Umfeld sich für Berlin interessiert hat. Im Schutt der 2011 von Zschäpe angezündeten Wohnung in Zwickau fand die Polizei eine Adressliste, auf der auch eine Anschrift der Jüdischen Gemeinde zu Berlin eingetragen ist. Und: Bei dem mutmaßlichen Aufenthalt von Zschäpe und Mundlos nahe der Synagoge in der Rykestraße könnte der sächsische Neonazi Jan W. dabei gewesen sein. Ihn hatten die Ermittler als möglichen Waffenbeschaffer der Terrorzelle im Blick.

Die Zelle.
Die Zelle.

© picture alliance / dpa

Noch im Mai 2000 hat nach Informationen des Tagesspiegels ein V-Mann dem sächsischen Verfassungsschutz berichtet, Jan W. habe sich am selben Tag in Berlin aufgehalten wie „die Gesuchten“, also Mundlos, Zschäpe und damit offenbar auch Uwe Böhnhardt. Eine weitere Spur: Sicherheitskreise berichteten schon 2011, im Februar 1998 sei der Jenaer Neonazi André K., ein Freund von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe, nach Berlin gereist. André K. habe bei einen NPD-Funktionär nach Adressen im Ausland gefragt, damit sich die drei Gesuchten aus Deutschland absetzen konnten. 2012 kam zudem heraus, dass ein rechtsextremer V-Mann des Berliner Landeskriminalamts vage Hinweise auf Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gegeben hatte.

Rohrbombe auf den jüdischen Friedhof an der Heerstraße

Es ist auch nicht auszuschließen, dass der NSU in Berlin zuschlug. Im Dezember 1998 – Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe waren bereits elf Monate abgetaucht – wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Charlottenburg die Grabstätte von Heinz Galinski, dem früheren Präsidenten des Zentralrats der Juden, durch die Explosion einer Rohrbombe beschädigt. Bis heute ist kein Täter ermittelt.

Das gilt auch für einen weiteren Anschlag auf den Friedhof. Im März 2002 flog eine Rohrbombe in den Eingangsbereich. Die Detonation traf vor allem die Trauerhalle.

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Lesen Sie mehr im Tagesspiegel: Lob auf wachsamen Polizisten! Ein Kommentar.

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