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Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) steht wegen seines wieder aufgenommenen Geschäftsführerpostens in der Kritik.

© Mike Wolff

Private Firma des Finanzsenators: Nußbaum will seine Chef-Funktion überdenken

Der Finanzsenator Ulrich Nußbaum hat den Chef-Posten einer eigenen Firma wieder übernommen. Die Opposition wittert einen Verstoß gegen das Verbot der Nebentätigkeit für Senatoren. Nußbaum will die Angelegenheit nun klären.

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) steht wegen seines im Januar wieder aufgenommenen Geschäftsführerpostens in einer eigenen Firma in der Kritik. Wie gestern berichtet, beruft sich der Unternehmer auf das Senatorengesetz, das die Verwaltung des eigenen Vermögens als eine der wenigen Ausnahmen von der Regel zulässt, wonach Senatoren nicht erwerbsmäßig tätig sein dürfen. Doch Oppositionspolitiker und der Steuerzahlerbund fordern Aufklärung. Denn seine Funktion in der Firma, für die Nußbaum – wie er sagt – „formal“ tätig ist, wirft Fragen auf.

In der Senatspressekonferenz sagte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU), dass die Nebentätigkeit von Nußbaum „kein Thema in der Senatssitzung“ gewesen sei. Allerdings zeigte sich Heilmann, der vor seiner Berufung in den Senat zahlreiche Unternehmen und Firmenbeteiligungen besessen und gesteuert hatte, überrascht über den Vorgang. Heilmann sagte: „Ich bin immer davon ausgegangen, dass man gar nichts tun darf.“

Nußbaum räumte in einer Stellungnahme zu dem Tagesspiegel-Bericht ein, dass er möglicherweise das Berliner Senatorengesetz zu großzügig ausgelegt haben könnte: „Sollte ich mit dieser Einschätzung nicht richtig liegen, so bin ich bereit, das zu korrigieren“, sagte der Finanzsenator. Bisher sehe er aber seine „Position in der Gesellschaft nicht im Widerspruch zum Amt als Berliner Senator“.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist nach Ansicht von Ramona Pop, Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus, in der Sache gefordert: Wowereit müsse „eine Prüfung der Geschäftsführertätigkeit“ Nußbaums veranlassen. „Wir erwarten, dass der Regierende umgehend Transparenz darüber herstellt, ob die Tätigkeit des Finanzsenators als geschäftsführender Gesellschafter einer Beteiligungsgesellschaft im Senat genehmigungs- und damit im Abgeordnetenhaus anzeigepflichtig ist.“ Pop sagte, sie könne sich „vorstellen, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer genehmigungspflichtig ist“.

80 Prozent seiner Firmenanteile hat Nußbaum an seine Kinder verschenkt

Auch der rechtspolitische Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus, Klaus Lederer, forderte „den Regierenden Bürgermeister auf, schnellstmöglich zu klären, ob es sich um einen Verstoß gegen das Nebentätigkeitsverbot nach Senatorengesetz handelt“. Seine Fraktion habe „große Zweifel“ daran, dass die Vorschriften im Senatorengesetz „geschäftsführende Tätigkeiten in einem Erwerbsunternehmen“ abdecken. Ferner müsse geklärt werden, ob dem Senat die Wiederübernahme der Geschäftsführertätigkeit durch Senator Nußbaum bekannt gewesen war – oder „ob der Finanzsenator das eigenständig für sich selbst so entschieden hat“.

Nußbaum erklärte selbst, er habe vor seinem Mandat privates Vermögen erworben, das er trotz seines Senatorenamtes verwalten müsse. Ein Teil davon liege in einer Firma, die „weder über ein operatives unternehmerisches Geschäft noch über Personal“ verfüge. Ein „externer Verwalter“ berate bei den Anlagen und werde hierfür extra bezahlt. „Die Gesellschaft investiert ausschließlich in öffentlich gehandelten oder zugänglichen Anlagen, Aktien, Renten oder Wertpapieren, ohne unternehmerischen Einfluss.“

Der Vorstandsvorsitzende des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus, sagte auf Anfrage: „Wenn Herr Nußbaum in den Verdacht geraten würde, dass er Steuerschlupflöcher ausnutzt, wäre das für einen Finanzsenator eine schwer ertragbare Konstellation.“ Tagesspiegel-Recherchen hatten ergeben, dass Nußbaum in der Firma, die er nun „formal“ wieder führt, mehr als 80 Prozent seiner Firmenanteile an seine Kinder geschenkt hatte. Deren Wohnsitz lag laut Handelsregister in Zuos in der Schweiz. Nußbaum zufolge sind die Kinder aber dennoch in Deutschland steuerlich veranlagt. Der Chef des Berliner Steuerzahlerbundes erklärte, Nußbaum solle „klarstellen, dass sein Vermögen ordentlich versteuert ist. Es hätte sonst einen bitteren Nachgeschmack für den Chef aller Finanzämter“.

Nußbaum selbst ließ heute mitteilen: „Da meine Kinder vorübergehend zur Schule respektive Studium in der Schweiz sind, sind sie weiterhin in Deutschland steuerpflichtig.“ Die Schweizer Steuerbehörde hatte dem Tagesspiegel schriftlich mitgeteilt: „Einnahmen aus Aktien oder aus Unternehmensausschüttungen unterliegen der Einkommenssteuer und werden am Wohnsitz (vgl. Art. 6 StG) des Steuerpflichtigen besteuert.“ Den Firmenchefposten will Nußbaum wieder aufgenommen haben, „da ich nicht wollte, dass meine Kinder die Möglichkeit erhalten, ohne meine Zustimmung schon jetzt Vermögen für den Konsum aus der Gesellschaft zu nehmen oder darüber zu verfügen“.

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