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O2-World

© Thilo Rückeis

O2-Arena: Mit Superstars muss gerechnet werden

Die O2-Arena in Friedrichshain nimmt Gestalt an. Aus den Eröffnungsfeierlichkeiten im Herbst wird ein großes Geheimnis gemacht.

Na bitte! Das Entmüdungsbecken für die Profis wird schon gefliest. „Und das hier“, sagt Moritz Hillebrand und zeigt in die dunkle Kammer, „wird die Kabine der Eisbären.“ Ach ja, „und hier“, sagt Hillebrand, „ziehen sich die Basketballer von Alba um – wenn sie denn in unserer Halle spielen wollen.“

Unsere Halle. Das ist die O2-World am Ufer der Spree. Seit eineinhalb Jahren wird auf der Brachfläche neben dem Ostbahnhof gebaut, 165 Millionen Euro investiert hier die Anschutz Entertainment Group aus den USA. Und Moritz Hillebrand ist ihr Sprecher. „Wir sind absolut im Zeitplan“, sagt er. Noch ein halbes Jahr, dann steht die Eröffnung an.

Eine derart gewaltige Arena gab es in Berlin noch nie. Nur die Köln-Arena ist noch ein bisschen größer in Deutschland. Die Halle in Friedrichshain wird Platz bieten für 17 000 Menschen, jedes Stühlchen hat ein Polster und eine Rückenlehne. Die O2-World wird die Sportlandschaft verändern, den Kiez und die anderen Konzerthallen der Stadt mächtig unter Druck setzen. 17 000 Plätze, hochmoderne Boxen, ein Videowürfel, der in der Größe eines Einfamilienhauses unter dem Dach hängt – damit ist die wuchtige Arena am Ostbahnhof quasi ohne Konkurrenz. Im Winter jedenfalls.

Wann die Halle genau eröffnet wird, will der US-Konzern nicht verraten. Er spricht von „Herbst“. Doch da der Bau privat finanziert wird, sind keine groben Verzögerungen zu erwarten: 24 Monate Bauzeit sind geplant, die Arbeiten „absolut im Zeitplan“ – also kann die Grundsteinlegung am 13. September 2006 ein Hinweis sein, wann mit den einwöchigen Eröffnungsfeierlichkeiten zu rechnen ist.

Die ersten Konzerte sind längst gebucht. Im November steht die „Schlagernacht des Jahres“ an, im Dezember die „Nokia Night of the Proms“. Und im März dann ein Konzert der Flippers, 2009 versteht sich. „Wir haben bisher 130 Veranstaltungstage geblockt, das ist ganz gut“, sagt Hillebrand, „aber wir haben das Ziel, dass an jedem zweiten Tag hier auf und wieder abgebaut wird.“ Mit 300 Events im Jahr kalkulieren sie, das mag man optimistisch nennen oder zielstrebig. Die Hallenbetreiber haben ihr Vermarktungsteam ein halbes Jahr vor der Eröffnung längst auf 30 Leute aufgestockt. Das Büro befindet sich an der Friedrichstraße und wird später einmal – wenn die ersten Gebäude auf den Brachflächen neben der Halle hochgezogen werden – zum Ostbahnhof umziehen, in die Nachbarschaft der O2-World.

Längst kursieren Gerüchte, dass Stars wie Justin Timberlake, Celin Dion oder Rod Stewart während der Eröffnungswoche spielen könnten und dass Spitzenspiele von US-Eishockeyteams in der Arena anstehen. Doch das sind bisher nur Gerüchte, das betont der Konzernsprecher Hillebrand. Nur eines steht fest: Wenn auch ein großes Fußballhallenturnier stattfinden sollte, dann dürfen die Fußballer von Hertha BSC zu Hause bleiben. „Entschuldigung“, sagt Hillebrand, „aber wenn, dann holen wir zur Eröffnung LA Galaxy mit David Beckham.“

Das Statement sagt einiges aus über das Selbstverständnis der Hallenbetreiber. Schon der Rohbau der gewaltigen Eingangshalle sieht aus wie das Foyer eines Theaters, links und rechts sind die Rolltreppen unter Planen versteckt. Gut, es sind nur Rolltreppen, aber welche Halle oder welches Stadion hat das schon? Die Arena auf Schalke, die schon, das hochmoderne Olympiastadion jedenfalls nicht.

Die Musterlogen kann man derzeit in den Büros der Friedrichstraße begutachten, das Interieur – Tresen, Kühlschrank, Flachbildschirm – kommt später. 59 VIP-Logen werden angeboten, sie sind 51 Quadratmeter groß und kosten bis zu 175 000 Euro, für fünf Jahre. Es soll Chauffeure geben, die die Autos der VIPs in Empfang nehmen und auf den Parkplatz rollen und später damit auch wieder vorfahren. Wie in den USA.

Die Anschutz-Truppe versucht gar nicht erst, sich an lokale Eigenheiten anzupassen, sondern bietet US-Luxus pur. Okay, das Dach in 35 Meter Höhe ist aus Wellblech, was nicht frei ist von Ironie, schließlich wird auch die charmant-marode Eishalle in Hohenschönhausen liebevoll Wellblechpalast genannt.

Für die Fans wird es auch 2000 Stehplätze hinter dem Tor geben, aber sonst wirkt die Arena ein wenig fremd im eher alternativen Kiez von Friedrichshain und Kreuzberg. Doch die Proteste sind gering. „Anschiss-Arena“ steht am Baustellenzaun und „Mediaspree versenken“. Anders aber als die umstrittene McDonald’s-Filiale im nahegelegenen Wrangelkiez auf der anderen Uferseite wird die O2-World nicht in ein Wohngebiet gebaut, sondern ist schon da, bevor Wohnquartiere überhaupt entstehen. Das ist ein Vorteil.

Vom Raucherbalkon werden die Fans eine tolle Aussicht auf den neuen Vorplatz haben, der zwischen Spree und Halle gebaut wird. Einen Hype um die Mega-Arena wird es geben, die Max-Schmeling- Halle und das ICC werden sicherlich Kunden verlieren. Doch Konzertveranstalter sagen auch: Die Aufregung wird sich wieder legen. Denn wie viele Stars können denn schon 17 000 Zuschauer in Bewegung setzen? Und wie oft können es sich die Leute leisten, mal eben US-Konzertpreise von mehr als 80 Euro für eine Konzertkarte zu zahlen – zumal in Berlin? Und bleiben Bands in Sommermonaten ohnehin nicht lieber an der frischen Luft und somit in der Wuhlheide oder Waldbühne?

Die Anwohner in Kreuzberg und Friedrichshain müssen sich erst an den Koloss aus Stahl, Beton und Glas gewöhnen. Das liegt daran, dass am Ostbahnhof jahrelang nichts stand außer einer Tankstelle. Doch auch tausende Eisbären-Fans müssen sich umgewöhnen. In ihrem Wellblechpalast haben sie bisher höchstens auf einen finstren Parkplatz geschaut. Jetzt stehen sie in zehn Meter Höhe und sehen die Spree, die hellerleuchtete Oberbaumbrücke oder den Fernsehturm. Das sind zumindest für Fans ganz schöne Aussichten.

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