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Berlin: Oasen im Armenhaus

Von Ulrich Zawatka-gerlach Der Landesrechnungshof hat den Senat aufgefordert, bei der Einsparung öffentlichen Personals die Schulen und Kitas, Polizei und Feuerwehr, Justiz und Finanzämter nicht außen vor zu lassen. Zwei Drittel aller Personalstellen in der Verwaltung seien in diesen „politisch geschützten“ Bereichen angesiedelt, sagte Rechnungshofpräsident Jens Harms am Donnerstag bei der Vorstellung seines Jahresberichts.

Von Ulrich Zawatka-gerlach

Der Landesrechnungshof hat den Senat aufgefordert, bei der Einsparung öffentlichen Personals die Schulen und Kitas, Polizei und Feuerwehr, Justiz und Finanzämter nicht außen vor zu lassen. Zwei Drittel aller Personalstellen in der Verwaltung seien in diesen „politisch geschützten“ Bereichen angesiedelt, sagte Rechnungshofpräsident Jens Harms am Donnerstag bei der Vorstellung seines Jahresberichts. „Hier muss der Senat ran, sonst bekommt er die Haushaltsprobleme nicht in den Griff.“ Jeder fünfte öffentlich Bedienstete, so rechnete der Rechnungshof vor, sei Lehrer oder Polizeibeamter.

Im bundesweiten Vergleich sehen die obersten Finanzprüfer bei der schulischen und vorschulischen Bildung immer noch erhebliche Ausstattungsvorsprünge. An den Grundschulen leisteten die Lehrer durchschnittlich eine halbe Wochenstunde weniger, an den Haupt- und Realschulen 1,5 Stunden und an den Gymnasien und Gesamtschulen 3 Stunden weniger. Deshalb müsse die Pflichstundenzahl in Berlin „an den Höchstwert in anderen Bundesländern angeglichen werden“. Außerdem sei der Anteil der Ermäßigungs- und Anrechnungsstunden bei den Pflichtstunden immer noch zu hoch.

Rein rechnerisch, so ist im Rechnungshofbericht zu lesen, könnten wegen der erheblich sinkenden Schülerzahlen bis 2009 etwa 6000 Lehrerstellen gestrichen werden, was einer Kostenersparnis von 319 Millionen Euro entspricht. Beträchtliche Ausstattungsvorsprünge gegenüber Hamburg werden außerdem bei der Polizei, der sozialen Sicherung, im Gesundheitswesen und im Sport- und Erholungsbereich gesehen. Im Ergebnis habe Berlin im unmittelbaren Landesdienst 42 000 Stellen zu viel. Seit 1991 wurden in der Berliner Verwaltung bereits über 50 000 Personalstellen haushaltswirksam abgebaut.

Rechnungshofpräsident Harms ermahnte gestern den Senat, nicht nur im Personalbereich die Haushaltskonsolidierung zu intensivieren. Die Beschäftigten der Berliner Verwaltung seien sehr engagiert und leistungsbereit, „aber es gibt eklatante Strukturprobleme, die nur historisch erklärbar sind; vermengt mit politischen Interessen.“ Zwei Fragen müssten dringend geklärt werden: Welche öffentlichen Aufgaben sind verzichtbar, welche unverzichtbar? Und wie können die fortzuführenden Aufgaben mit geringerem Mitteleinsatz wahrgenommen werden?

Trotz vieler Sparmaßnahmen hat sich auch nach Einschätzung des Rechnungshofes die Finanzlage der Stadt weiter katastrophal verschlechtert. Das Land Berlin befinde sich in einer extremen Haushaltsnotlage, steht nun schon zum zweiten Mal im Jahresbericht. Ohne massive Hilfe des Bundes, so Harms, könne der Haushalt nicht saniert werden. Er riet dem Senat gestern, vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu ziehen, sollten Verhandlungen mit dem Bund über zusätzliche Zuwendungen nicht erfolgreich sein. Die Probleme Berlins seien einerseits teilungs- und hauptstadtbedingt, es habe „in der Vereinigungseuphorie“ aber auch viele Fehlinvestitionen gegeben.

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