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Update

Occupy Berlin: Die Sitzbewegung geht weiter

Auch am Dienstag treffen sich wieder Bankenkritiker vor dem Reichstag. Sie beraten über ihr weiteres Vorgehen. Den Plan, vor dem Reichstag zu zelten, haben sie noch nicht aufgegeben.

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Am Dienstag saßen sie wieder im Kreis auf dem Rasen vor dem Reichstagsgebäude – den dritten Tag in Folge: Um 15 Uhr hatten sich etwa 40 Anhänger der sogenannten Occupy-Bewegung versammelt, um basisdemokratisch zu beraten, wie es mit ihren Protesten weitergehen soll. „Die Humboldt-Uni sollten wir einbinden“, schlug eine junge Frau vor. Fast alle hoben die Arme und drehten die Hände schnell nach rechts und links, was ihre Zustimmung signalisieren sollte.

„Das wäre gut, weil man sich im Winter dort immer mal aufwärmen könnte“, sagte ein Mann. „Aber hier am Reichstag müssen wir auch ein Camp errichten“, ergänzte ein anderer. Und hatte auch schon eine Idee. „Wenn man ein Fahrrad vor einen Campinghänger spannt, darf die Polizei ihn nicht wegnehmen.“

Kein Zweifel, die „Bewegung der 99“ hat mit ihrem Ableger „Occupy Berlin“ in der Hauptstadt Fuß gefasst. Die vorwiegend jungen Leute, die betonen, nur für sich selbst und nicht für Parteien und Organisationen zu stehen, haben auch die Idee der Errichtung einer Zeltstadt vor dem Reichstag nicht aufgegeben. Jeden Tag wollen sie sich hier treffen, Leute ansprechen, Netzwerke knüpfen. „Ich werde bei der Versammlung der Piratenpartei am Sonntag über eure Forderungen berichten“, kündigt ein Mann an. „Die sitzt aber noch nicht da drin“, sagt eine Frau und deutet auf den Reichstag.

Im Berliner Abgeordnetenhaus immerhin sind die Piraten schon. Und haben gerade die Innenverwaltung in einem Fragenkatalog aufgefordert, sich zum Polizeieinsatz bei der Auflösung eines Zeltlagers nach der Occupy-Demonstration am Sonnabend zu äußern. In Frageform kritisieren sie, dass Journalisten und andere Beobachter angeblich an der Berichterstattung gehindert wurden. Sie wollen wissen, „in wie vielen Fällen seitens der am Einsatz beteiligten Behörden gegenüber Dritten welche Form von Gewalt angewendet“ wurde. Auch wird gefragt, ob die Polizei das Mobiltelefonnetz im Einsatzgebiet durch technische Mittel störte, wie es auf dem Blog der Piratenfraktion (www.piratenfraktion-berlin.de) behauptet wird. Aus der Senatsinnenverwaltung war gestern zu hören, dass der Fragenkatalog dort noch nicht eingetroffen ist.

Die Protestierer, deren Zahl am Abend auf 70 anstieg, übten sich einstweilen bei Nieselregen an einer verbalen Protestform, dem sogenannten „human microfone“. Weil in der befriedeten Zone vor dem Reichstag Megafone nicht erlaubt sind, nutzten sie ihre Stimmen als natürliche Verstärker: Alles, was jemand sagte, wiederholten die anderen im Chor.  Als gegen 17.40 Uhr der Regen immer stärker wurde, zog die Protestgruppe ins Trockene und diskutierte in der U-Bahn-Station Bundestag weiter. (das/lvt/mar)

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