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Der Zug kam pünktlich. Zumindest bei der Vorstellung des neuen Programms „Ringbahn Plus Berlin“ am Freitag.

© Paul Zinken/dpa

Öffentlicher Nahverkehr in Berlin: S-Bahn investiert Millionen in Pünktlichkeit der Ringbahn

Mit einem neuen Konzept will die S-Bahn auf dem störungsanfälligen Ring pünktlicher fahren. Mehr Mitarbeiter sollen den Verkehr regeln, vier Millionen Euro in Weichen und Signale investiert werden.

Einfach so im Kreis zu fahren, ist gar nicht so einfach. Die Runden auf dem Ring sind für die S-Bahn die größte betriebliche Herausforderung. Mit der Folge, dass der Kreisverkehr zum Leidwesen der Fahrgäste der unpünktlichste im Netz ist. Das Problem ist seit Jahren bekannt. Aber jetzt haben die S-Bahn und der Bereich Netz der Bahn AG endlich ein Konzept entwickelt, das zu mehr Fahrplantreue führen soll – „Ringbahn PLUS Berlin“ genannt. Die Zahl der Störungen, die fast täglich zu Verspätungen und Zugausfällen führen, soll gegenüber 2016 im Jahr 2019 auf knapp 200 halbiert werden, kündigte S-Bahnchef Peter Buchner am Freitag an.

Auf der Nord-Süd-Strecke habe man die Fahrten durch veränderte Fahrpläne pünktlicher machen können, sagte Buchner weiter. Dies sei auf dem Ring nicht möglich: Die Züge müssen eine Runde in einer Stunde absolvieren. Würde man ihnen mehr Zeit gönnen, würde sich die Fahrt gleich um zehn Minuten verlängern, um den Grundtakt im Fahrplan einhalten zu können.

Und während Züge auf anderen Strecken bei Verspätungen ihre Fahrt vorzeitig beenden und wieder zurückfahren können, müssen auf dem Ring gleich beide Richtungen angepackt werden. Dies schaffe Probleme, weil in der Stunde bis zu 18 Züge je Richtung unterwegs seien. Die Lösung jetzt: Die S-Bahn schafft einen zusätzlichen Arbeitsplatz für Disponenten, die den Betrieb steuern. Dann regeln zwei Mitarbeiter gemeinsam den Verkehr nur auf dem Ring.

Zudem will die S-Bahn nach Buchners Angaben in diesem Jahr über 20 weitere Fahrer einstellen. So könne man auf kurzfristige Ausfälle flexibler reagieren.

Die alten Bahnen bleiben ein Problem

Bleiben werde das Problem mit den störanfälligen alten Bahnen, obwohl sie für über 100 Millionen Euro ein Sanierungsprogramm spendiert bekommen, das derzeit läuft. Um bei Störungen, die nicht sicherheitsrelevant sind, schnell eingreifen zu können, wolle man zusätzliche Fachleute beim mobilen „Streckenservice“ einsetzen, kündigte Buchner an.

Immerhin wurden im vergangenen Jahr 52,7 Prozent der Störungen auf dem Ring durch die S-Bahn selbst verursacht. 32,1 Prozent gingen auf Dritte zurück: etwa durch Einsätze der Polizei und der Feuerwehr, aber auch durch Gegenstände, die aufs Gleis geworfen werden. 15,2 Prozent der Störungen wurden wiederum von der Bahn verursacht: Durch den Bereich Netz, dem die S-Bahn Geld für das Befahren der Gleise und das Halten in den Bahnhöfen zahlen muss. 2015 waren es fast 245 Millionen Euro.

Vier Millionen Euro will der Netzbereich nun bis 2019 investieren, um Weichen und Signalanlagen betriebssicherer zu machen. Weichen sind hochkompliziert: Beim Umstellen darf es nur eine Lücke von maximal zwei Millimetern geben, sagte Experte Tim Brouwer. Ansonsten meldet die Weiche, dass sie nicht betriebssicher ist – und darf dann nicht befahren werden.

Jetzt sollen die über hundert Weichen auf dem Ring auf den modernsten technischen Stand umgebaut werden. Zudem will der Netzbereich in diesem Jahr in alle 676 Weichen der S-Bahn eine Art „Fieberthermometer“ einbauen: Die Sonde messe die Kraft, die der Motor beim Verstellen der Weiche aufbringen muss, sagte Brouwer. Wenn der Aufwand zunehme, sei dies ein Zeichen für einen bevorstehenden Ausfall. Und den könne man durch sofortiges Eingreifen verhindern.

Wenn das Programm erfolgreich ist, können sich nicht nur Fahrgäste über pünktlichere Züge freuen. Auch die S-Bahn profitiert: Bei Ausfällen und Verspätungen zieht ihr nämlich der Senat einen Teil des Zuschusses ab. 5,4 Millionen Euro waren es 2016, ein Jahr zuvor sogar 12,4 Millionen Euro.

Und exakt nach Fahrplan müssen die Züge auch weiter nicht fahren. Sie werden als pünktlich eingestuft, wenn sie sich nicht mehr als genau 3.59 Minuten verspäten. So waren auf dem Papier im vergangenen Jahr im gesamten Netz 94,2 Prozent der Fahrten pünktlich, auf dem Ring waren es 92,05 Prozent. Gefordert sind im Verkehrsvertrag mit dem Land mindestens 96 Prozent.

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