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Berlin: Ohne großen Schnitt

Deutschland-Premiere in Berlin-Buch: Baby schonend am Zwölffingerdarm operiert

Deutschland-Premiere in Berlin-Buch: Baby schonend am Zwölffingerdarm operiert

Die Diagnose war ein Schock: In der 20. Schwangerschaftswoche erfuhr Theresa Jordan, dass ihre Tochter mit einem Zwölffingerdarmverschluss zur Welt kommen würde. Noch vor 40 Jahren hätte die kleine Lisa kaum eine Überlebenschance gehabt, inzwischen können die meisten Kinder durch Operationen unmittelbar nach der Geburt gerettet werden.

Bislang musste dazu allerdings der Bauch des Neugeborenen mit einem großen Schnitt geöffnet werden. Die Heilung dauerte wochenlang, die Schmerzen waren groß und auch das Luftholen wurde für die kleinen Patienten zur Tortur, weil Babys mehr mit dem Bauch als über das Zwerchfell atmen. Der kleinen Lisa bleibt all dies erspart. Als erstes Baby in Deutschland wurde ihr Zwölffingerdarmverschluss am 3. Februar dieses Jahres mit der so genannten Schlüsselloch-Chirurgie operiert – erfolgreich, wie ein Ärzteteam des Helios Klinikums Berlin-Buch gestern stolz verkündete.

22 Stunden nach Lisas Geburt verschafften sich die drei Kinderchirurgen mit speziellen Instrumenten Zugang zum Zwölffingerdarm des Mädchens. Über vier winzige Einstiche wurden die Geräte eingeführt. Kleine Videokameras übertrugen Bilder aus dem Körperinnern auf einen Monitor. Vier Stunden dauerte der Eingriff, aber der Chefarzt der Kinderchirurgischen Klinik des Bucher Klinikums, Prof. Dr. Klaus Schaarschmidt, hat viele Jahre an der Technik gefeilt. 1991 begann er als Oberarzt der Kinderchirurgie in Münster mit minimalinvasiven Operationen. „Ich wollte keine großen Schnitte mehr in kleine Kinder machen“, sagt der 52-Jährige. „Die Wunde ist die mit Abstand größte Belastung für den Operierten – und warum sollte man gerade den Kleinsten diese Belastung zumuten?“

Schaarschmidt hat mit seinem Team die Operationsschnitte Hunderte Male trainiert – unter anderem an Kaninchen, Ratten und Mäusen. Bei Neugeborenen besteht ein besonderes Risiko, ihre Organe sind klein und zart, und sie haben sich noch nicht vollständig an die neue Umgebung angepasst, was unter anderem auch die Anästhesisten vor große Herausforderungen stellt.

Bislang wurden nur ein neugeborener Junge in Denver und ein einjähriges Kind aus Nizza minimalinvasiv am Zwölffingerdarm operiert. In Buch hofft man nach dem gelungenen Eingriff, künftig noch mehr Babys so schonend von der Fehlbildung befreien zu können. Jährlich kommen in Berlin etwa vier bis fünf Kinder mit einem Verschluss des Zwölffingerdarms zur Welt. Günstig ist, wenn der Defekt bereits während der Schwangerschaft festgestellt wird. „Dann können wir uns optimal vorbereiten“, sagt Schaarschmidt und ist überzeugt: „Lisa kann sich nun völlig gesund und normal entwickeln“. An die Operation wird sie später nicht einmal eine Narbe erinnern. Sandra Dassler

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