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Berlin: „OhneIntegration drohen Pariser Verhältnisse“ Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky hält die Bemühungen um Migranten für unzureichend

Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hat vor einem Jahr vom Scheitern multikultureller Ideale gesprochen. Die Unruhen in den französischen Vorstädten bestätigen Buschkowky in dem Eindruck, dass die Bemühungen um Integration noch stärker werden müssen.

Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hat vor einem Jahr vom Scheitern multikultureller Ideale gesprochen. Die Unruhen in den französischen Vorstädten bestätigen Buschkowky in dem Eindruck, dass die Bemühungen um Integration noch stärker werden müssen. Mit ihm sprach Werner van Bebber.

In französischen Migrantenvierteln randalieren muslimische Jugendliche, aus Frust. Halten Sie das hier für möglich?

Im Moment nicht. Denn im Moment haben wir nicht den Nährboden für so einen Ausdruck der Aggression. Aber es kann ein Hinweis sein auf das, was uns in zehn bis fünfzehn Jahren droht.

Wie meinen Sie das?

Wir erkaufen uns mit unserem sozialen Netz sozialen Frieden. Auch bei uns mögen sich Menschen ausgestoßen fühlen - sie haben gleichwohl noch eine Lebensgrundlage. Die jungen Leute in den Pariser Vorstädten haben gar nichts mehr. Sie revoltieren gegen das Gefühl des Ausgestoßenseins.

Wo liegen denn die Unterschiede zwischen Parallelgesellschaften in Paris und Berlin?

In Neukölln oder Wedding oder auch in Teilen von Duisburg haben wir eine Migrantenquote von 50 Prozent. Im Algerierviertel von Paris liegt die Quote bei 100 Prozent. Ohne Schwarzmalerei: Wenn in unseren Kitas 90 bis 100 Prozent der Kinder Migrationshintergrund haben, kann man ausrechnen, wie viele Erwachsene mit Migrationshintergrund in fünfzehn Jahren hier leben. Die Frage ist: Werden die Stadtteile, in denen die Migranten bald die Mehrheit stellen, Elendsviertel oder integrierte Stadtteile sein? Das entscheiden wir heute.

Wodurch?

Bildung ist der Schlüssel. Wenn Sie heute die Klassengröße verringern, sehen Sie den Erfolg in zehn Jahren.

Hat die Debatte über die multikulturelle Gesellschaft etwas verändert?

Es ist etwas in Bewegung gekommen. Es gibt mehr Geld für die Sprachkurse. Die Eingangsfrequenz an den Grundschulen ist in bestimmten Gebieten abgesenkt worden. Seit diesem Jahr gibt es die Sprachkursverpflichtung. Und das Quartiersmanagement ist verstärkt worden, in Neukölln von vier auf neun Gebiete. Wir sind kurz vor dem Beschluss, dass ab 2007 ein weiteres Jahr in Kindertagesstätten kostenfrei ist. Besser wäre es allerdings, wenn in den Problemgebieten die Kita ab drei Jahren kostenfrei wäre.

Schicken denn Migranten ihre Kinder jetzt leichteren Herzens in die Kitas?

Nicht leichteren Herzens. Aber leichteren Geldbeutels. Das ist ein Fortschritt. Wir müssen verhindern, dass der heute Dreijährige mit sechzehn so ist wie unsere heutigen Sechzehnjährigen. 70 Prozent der Jugendlichen in Neukölln-Nord verlassen die Schule ohne Abschluss oder mit Hauptschulabschluss. Die sind im Regelfall für die Gesellschaft verloren. Vielleicht sollten wir die soziale Sicherheit, die wir jungen Menschen geben – Stichwort Hartz – an Bedingungen knüpfen. Das kann Arbeit oder ein Schulabschluss sein. Und zwar verpflichtend.

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