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Der Regierende demonstriert: Um das für Olympia angestrahlte Brandenburger Tor zu fotografieren, ist ein Handy durchaus hilfreich - für die Olympia-Umfrage allerdings nicht.

© Soeren Stache/dpa

Olympia-Umfrage in Berlin: Wer nur ein Handy hat, wird nicht gefragt

Mit einer Umfrage soll das Rennen um Olympia zwischen Hamburg und Berlin entschieden werden. Doch angerufen werden nur Festnetzkunden. Kommen die Jüngeren zu kurz?

Im Sport geht es, neben dem Geld, immer auch um Emotionen, um Stimmungen. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), hat deshalb oft betont: Die Unterstützung in den beiden Bewerberstädten für Olympia habe „maßgeblichen Anteil“ an der Entscheidung für Hamburg oder Berlin. Hohe Sportfunktionäre, die sich mit dem Duell um den deutschen Kandidatenstatus beschäftigen, sagen, wenn auch nicht öffentlich: Man wolle nicht mit einer Stadt ins Rennen gehen, in der die Bevölkerung nicht hinter der Bewerbung stehe.

Das ist der Grund, warum der DOSB beim Institut Forsa eine Umfrage in Auftrag gegeben hat, die, heißt es, „nahezu zeitgleich in der zweiten Februarhälfte nach den gleichen Kriterien durchgeführt“ wird. Die magische Zahl, die die repräsentative Stichprobe ausmachen wird, lautet 1500. So viele Menschen werden jeweils gefragt, ob sie dafür sind, dass ihre Stadt sich bewirbt. Doch gibt es Kritik am Verfahren, die etwa Berlins Regierender gerade indirekt formulierte: „Ob man die Entscheidung von einer Forsa-Umfrage abhängig machen sollte, da bin ich mir unsicher.“ Was Michael Müller nicht ausführt, besorgt Berliner Olympiabefürworter: die Methode. Schließt die Umfrage tendenziell eher die aus, die für eine Bewerbung sind – die Jüngeren?

Man könnte auch die Örtlichkeit abfragen

Denn eine Tatsache mutet seltsam an: Die Telefonumfrage erfolgt nur bei Festnetzkunden. Ein DOSB-Sprecher sagt: „Wir haben uns zur Umfrage umfangreich beraten lassen. Die Experten von Forsa haben uns gesagt, dass bei einer Mobiltelefon-Umfrage keine verlässliche örtliche Zuordnung des Befragten möglich ist.“

Das stimmt – und wiederum auch nicht. Denn natürlich könnte man die genaue Örtlichkeit auch abfragen, doch das wäre ein immens großer Mehraufwand – der auch immens mehr kosten würde. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob eine reine Festnetzumfrage das Ergebnis grundlegend verzerrt, weil heutzutage immer weniger übers Festnetz erreichbar sind, vor allem jüngere Menschen. Forsa schreibt dazu: „Wir überprüfen kontinuierlich, ob der Anteil von Menschen, die nur über Mobiltelefon erreichbar sind, zu Einschränkungen in der Repräsentativität bei Befragungen über Festnetz führt. Dies ist bislang nicht der Fall.“

Forsa führt "hohe Präzision" bei Bundestagswahl an

Als Beispiel führt Forsa die „hohe Präzision“ der eigenen Umfragen vor der Bundestagswahl 2013 an. Das Institut lag mit der durchgeführten Umfrage von allen Instituten am nächsten am späteren Wahlergebnis. Auch andere Institute haben zum Thema Analysen erstellt. So kamen Stefan Hunsicker und Yvonne Schroth für die Forschungsgruppe Wahlen zu dem Ergebnis, dass sich der duale Ansatz, also Telefonumfragen am Festnetz und am Handy, „im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 bei der Wahlabsichtsfrage nicht als überlegen erwies“.

In ihrer Studie heißt es: „Anders als in den europäischen Nachbarländern verfügt Deutschland über eine große Verbreitung von Festnetzanschlüssen, welche die Anwendung reiner Festnetzstichproben für repräsentative Bevölkerungsumfragen auch heute noch rechtfertigen.“

Der Rückgang der Festnetztelefone ist ein Problem für die Branche

Allerdings gibt es keine Fachtagung, wie Statistiker sagen, auf der nicht heftig über die duale Nutzung debattiert wird. Es gibt Demoskopen in Deutschland, die für eine bessere Absicherung immer eine duale Umfrage empfehlen. Laut dem Statistischen Bundesamt hatten 2013 bundesweit 90,5 Prozent der Haushalte einen Festnetzanschluss, in Berlin 86,6 Prozent, Handys haben 92,7 Prozent aller Haushalte. In der Branche gelten Festnetzstichproben noch als repräsentativ, wenn sie 85 Prozent der Grundgesamtheit abdecken. Sollte die Festnetznutzung weiter sinken, hat die Branche ein Problem.

Hunsicker und Schroth schreiben in ihrer Studie, dass duale Umfragen zwar „nennenswerte Verbesserungen bei der Erreichbarkeit der unter 30-Jährigen“ bringen. Dafür verschlechtere sich der Anteil der über 60-Jährigen im Vergleich zu einer Festnetzstichprobe „deutlich“. In den mittleren Altersgruppen gibt es keine relevanten Unterschiede.

Früher reichte das Telefonbuch

Auch die vom DOSB angeführte Begründung der schlechten regionalen Zuordnung wird von Experten geteilt. Dazu muss man wissen, wie Telefonumfragen zustande kommen. Früher reichte das Telefonbuch, heute benutzen Institute die Telefonnummernlisten der Bundesnetzagentur, die öffentlich zugänglich sind – Festnetz- und Handynummern. Aus diesen Nummern wählt der Computer aus. Beim Festnetz ist die Örtlichkeit klar, beim Handy wird es sehr viel schwieriger, regionale Schwerpunkte zu filtern.

Ob die „Zustimmung“ in einem so frühen Stadium der Bewerbung in Berlin naturgemäß schwächer ausfällt, weil die Stadt ein größeres Widerstandspotenzial hat – darüber lässt sich streiten. Aber die Bedingungen der Umfrage, das ist so wie beim nassen Fußballrasen, sind für beide Kontrahenten gleich.

Auf unserer Sonderseite finden Sie alle Infos rund um die Berliner Olympia-Bewerbung.

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