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Herr der Ränge. Joachim E. Thomas ist seit 2010 Manager des Olympiastadions.

© Thilo Rückeis

Joachim E. Thomas zur Olympiadebatte: "Berlin treibt Sport, Berlin liebt Sport, Berlin kann Sport"

Unsere Debatten-Serie zu Olympia (11): Berlins Stadionmanager Joachim E. Thomas, aktiv in der Olympischen Gesellschaft, plädiert für die Ausrichtung der Spiele in Berlin – aber längst nicht nur aus sportlichen Gründen.

Berlin ist das politische Zentrum sowie das nationale und internationale Schaufenster unseres Landes. Gleichzeitig glänzt Berlin als die Sportmetropole: Hier sind rund 600.000 Menschen unterschiedlicher Nationalitäten in mehr als 2000 Vereinen des Landessportbundes organisiert. Und hier finden regelmäßig nationale und internationale Sport-Highlights statt. Die Berlinerinnen und Berliner sind ein äußerst begeisterungsfähiges, stimmungsvolles und faires Publikum. Die schon zur Tradition gewordene Fanmeile im Fußball steht dafür exemplarisch. Berlin treibt Sport, Berlin liebt Sport, Berlin kann Sport. Allein schon deshalb würde die Stadt als Olympiabewerberin Deutschland gut zu Gesicht stehen.

Ein starkes Bürgerbündnis

In Berlin wird deutlich: Sport begeistert, Sport führt zusammen und integriert, Sport stärkt die Gemeinschaft und das Miteinander. Olympische und Paralympische Spiele können neue Impulse für das gesellschaftliche Zusammenleben bringen. Oberste Aufgabe muss es daher sein, bei allen Berlinerinnen und Berlinern eine positive Grundstimmung für die olympischen Werte zu erzeugen – und das sind: Freude an Leistung und Fairplay, Verantwortungsbewusstsein und Respekt, Moral und Teamgeist, Völkerverständigung und Solidarität. Diese Werte müssen zwingend die tragenden Säulen des kompletten Prozesses von der Bewerbung über die Austragung bis hin zur Nachbereitung der Spiele sein.

Im Mittelpunkt hat dabei – ganz im Sinne von Teamgeist und Fairplay – der intensive Dialog mit allen Menschen, die in unserer Stadt leben, zu stehen. Ziel muss es sein, sie vom Mehrwert der Spiele zu überzeugen und mit ihnen ein starkes Bürgerbündnis zu schmieden, das gemeinsam ein Olympiakonzept entwickelt. Berlin als Stadt der Sportliebhaber, der Gründer und Kreativen, der Visionäre und Engagierten wird vor Ideen sprudeln. Worauf es allerdings ankommt, ist ein fairer, ehrlicher und offener Umgang miteinander.

Machen wir Berlin zu einer noch intelligenteren Stadt!

Der wesentlichste Bestandteil des Bürgerdialogs müssen Antworten auf die Frage sein: Wie können Olympische und Paralympische Spiele die Entwicklung Berlins positiv beeinflussen und die Stadt fit für die nächsten Jahrzehnte machen? Unsere Antwort als Olympische Gesellschaft darauf lautet: Sie müssen ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig sein. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass kein unnötiger Bauaufwand betrieben wird. Es müssen bereits vorhandene oder temporäre, wieder abbaubare Sportstätten genutzt werden. Sollten neue, permanente Arenen gebaut werden müssen, haben diese sich harmonisch ins Stadtbild einzufügen. Darüber hinaus ist für diese Sportstätten eine vernünftige Nachnutzung sicherzustellen. Wie das funktionieren kann, zeigen die Max-Schmeling-Halle und das Velodrom. Beide Sportstätten wurden anlässlich der Olympia-Bewerbung 2000 gebaut und werden bis heute für den Breiten- und Spitzensport genutzt.

Nachhaltigkeit muss auch beim Olympischen Dorf groß geschrieben werden. Dieses sollte so geplant und ins Stadtbild eingegliedert werden, dass es zentral liegt und später als Wohnraum genutzt werden kann. Das Olympische Dorf könnte zudem wichtiger Baustein werden, um Berlin zu einer noch intelligenteren Stadt, zu einer Smart City, zu machen. Die Chancen für die vielen kreativen Köpfe und Start-ups in unserer Stadt, etwas Neues zu schaffen, sind einmalig. Es geht dabei um den Einsatz innovativer Technologien und Materialien sowie die intelligente Vernetzung, aber auch um neue Mobilitätsideen für eine stetig wachsende Metropole. Zwar verfügt Berlin schon heute über ein hervorragend ausgebautes Netz im öffentlichen Nahverkehr, dieses muss aber für die Spiele noch viel stärker mit anderen Formen der individuellen, umweltverträglichen Mobilität gekoppelt werden. Die Elektromobilität bietet dafür hervorragende Möglichkeiten. Ein solches vernetztes und ökologisches Mobilitätskonzept mit weniger Lärm, Abgasen und Staus erhöht die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner.

Die Investitionen werden sich lohnen

Richtschnur bei Städtebau und Verkehr hat die möglichst vollständige Barrierefreiheit zu sein – sie muss zum Markenzeichen der Stadt werden.

Barrierefreiheit verbessert die Mobilität von Menschen mit Behinderung und ermöglicht ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie an Bewegung und Sport. Dieses Miteinander wiederum schärft das Bewusstsein Nichtbehinderter und baut leider teilweise immer noch bestehende Barrieren in den Köpfen ab.

Neue Impulse erwarten wir auch bei der Integration. Durch Sport und im Sport kommen Menschen aus unterschiedlichsten Nationen und sozialen Schichten zusammen – er ist die vereinigende Klammer. Daher muss darauf hingewirkt und geachtet werden, dass allen Menschen eine Teilhabe an den Spielen etwa als Zuschauer oder Volunteer ermöglicht wird. Zudem gilt es, die Spiele mit integrationsfördernden Maßnahmen zu begleiten. Ein zentraler Baustein in unseren Überlegungen bildet die olympische Erziehung in Kindergärten, Schulen, Universitäten und Sportvereinen. Ziel muss es sein, Klein und Groß olympische Werte und soziale Kompetenzen zu vermitteln.

Olympische und Paralympische Spiele in Berlin haben sich um den Menschen zu drehen. Deshalb sind neben den berechtigten Interessen der Berliner Bevölkerung vor allem die der Sportlerinnen und Sportler in den Vordergrund zu rücken. Ihre Vorstellungen, Ideen und Erfahrungen müssen bei der Gestaltung der Spiele zwingend einbezogen werden.

Unser Ziel ist klar: Wir wollen dabei mithelfen, Olympische und Paralympische Spiele nach Berlin zu holen! Die notwendigen Anstrengungen und Investitionen werden sich lohnen. Davon sind wir zutiefst überzeugt. Eine Olympiabewerbung wird – selbst, wenn sie im ersten Anlauf nicht erfolgreich sein sollte – einen gesamtgesellschaftlichen Prozess in Gang setzen und uns dazu zwingen, uns Gedanken über die Zukunft unserer Stadt und das Zusammenleben zu machen. Allein das schafft schon einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert für alle.

Joachim E. Thomas ist Chef des Olympiastadions. Sein Text ist ein Positionspapier der Deutschen Olympischen Gesellschaft Berlin e.V., für die er im Vorstand sitzt.

Die weiteren Beiträge zur Olympiadebatte des Tagesspiegel lesen Sie unter www.tagesspiegel.de/olympiadebatte.

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