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Wettkampf vor dem Reichstag. Nach den Senatsideen für Olympia könnten hier auf einem temporären Feld während der Paralympics Blindenfußballer um Medaillen kicken. Dies gab es bereits bei einem Turnier vor vier Jahren – damals noch ohne Tribünen. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Olympische Spiele in Berlin: 2,4 Milliarden - reicht das?

Olympia, sagt Klaus Wowereit, soll 2,4 Milliarden Euro kosten. London kostete 11,5 Milliarden, Athen etwa zehn Milliarden. Hier erfahren Sie, ob Berlins Pläne realistisch sind.

Olympia ist ein Milliardenspiel. Und ob die Bevölkerung überhaupt ihre Zustimmung zu einer Bewerbung geben wird, das wird gerade auch von den Kosten abhängen. Gewaltige Summen von 44 Milliarden Dollar im Fall von Peking 2008 und 50 Milliarden Dollar im Fall von Sotschi 2014 wirken äußerst abschreckend. Am Anfang der Woche nannte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dagegen geradezu niedliche Durchführungskosten von 2,4 Milliarden Euro für die Spiele 2024 in Berlin. Hinzu kämen noch nicht zu beziffernde Kosten etwa für Infrastruktur und Sicherheit.

Die Rechenspiele haben begonnen

Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport scheint jedenfalls in dieser Disziplin der Ehrgeiz gepackt zu haben: „Unser Anspruch ist, die günstigsten Spiele der letzten 20 bis 30 Jahre durchzuführen“, sagte Sport-Staatssekretär Andreas Statzkowski dem Tagesspiegel. „Wir werden deshalb besonders günstig sein, weil wir auf unserem Bestand aufbauen können. Den Begriff Bescheidenheit können wir ernsthaft in den Mund nehmen.“

Unterstützung erhält der Senat dabei aus der Wissenschaft. „Berlin könnte die günstigsten Olympischen Spiele seit langem austragen“, sagt Holger Preuß, Professor für Sportökonomie an der Universität Mainz. Preuß hat die Ausrichterstädte der vergangenen Jahrzehnte untersucht und hält die Voraussetzungen in Berlin für besonders gut: „Die Fußball-WM 2006 hat 1,9 Milliarden Euro gekostet. Warum sollte da Olympia so viel teurer sein?“ Berlin habe schon viele Sportanlagen, Hamburg müsste deutlich mehr investieren. Preuß sieht überschaubare Risiken und keine Explosionsgefahr bei den Kosten. „Eine Drei-Felder-Sporthalle ist nicht Stuttgart 21. Der höchste Kostenfaktor ist erst einmal das Olympische Dorf, aber Deutschland hat sehr gute Erfahrungen im Wohnsiedlungsbau.“

Olympiabudget in drei Blöcke geteilt

Der Senat teilt das Olympiabudget in drei Blöcke. Der erste ist der Etat des Organisationskomitees. Es sind die Kosten für die Durchführung der Spiele und die temporären Bauten. Für die temporären Bauten hat Berlin eine Milliarde Euro veranschlagt. Die Kosten sind auch deshalb so hoch, weil nicht nur Planung und Aufbau von Stahlrohrtribünen bezahlt werden müssen, sondern auch Erschließung mit Strom und Wasser. Manche temporäre Sportanlage ist beim Aufbau beinahe so teuer wie eine bleibende, nur dass sie eben keine Folgekosten verursacht.

Bei diesem ersten Block rechnet der Senat nicht mit öffentlichen Zuschüssen. Die braucht er nach den Erfahrungen auch nicht, denn das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat etwa zuletzt London 2012 einen Zuschuss von einer Milliarde Dollar gewährt. IOC-Präsident Thomas Bach stellt Rio de Janeiro für die Sommerspiele 2016 sogar einen Zuschuss von 1,5 Milliarden Euro in Aussicht. Hinzu kommen Erlöse aus dem Verkauf von Eintrittskarten, Merchandising-Artikeln und Werberechten. Das Londoner Organisationskomitee zum Beispiel schloss seine Bilanz mit einem Gewinn von 38 Millionen Euro ab.

Block zwei sind die Kosten für die Sanierung und den Neubau von Sportanlagen, das Olympische Dorf und die Sicherheit. Bei den Sportanlagen geht der Senat laut Statzkowski von 750 Millionen Euro aus. Die müsse er aber nicht einmal alleine tragen. Er rechnet dabei mit einem Bundeszuschuss von 50 Prozent. Und es ist offen, ob die verbleibenden Kosten nicht auch durch weitere Einnahmen gedeckt werden könnten. Beim olympischen Dorf hängt die Kostenplanung auch davon ab, ob die Wohnungen hinterher vermietet oder verkauft werden.

"Berlin muss kein ganzes Stadtviertel umkrempeln wie London"

Der dritte Block setzt sich aus den sogenannten Sowieso-Kosten zusammen, also vor allem Infrastrukturmaßnahmen, die auch ohne die Spiele hätten durchgeführt werden können. „Wie man diese Kosten bewertet, ist eine Frage des Standpunkts. Der Pessimist wird sagen, dass Maßnahmen wie der behindertengerechte Ausbau von Bahnhöfen ohne Olympia nicht erfolgt wären, weil die Stadt kein Geld hat“, sagt Preuß. Statzkowski rechnet bei solchen Maßnahmen mit zwei Dritteln der Kosten, die beim Land Berlin blieben und einem Drittel Fremdfinanzierung. Wie hoch dieser dritte Block ist, hängt davon ab, wie viel Stadtentwicklungsprojekte mit den Spielen verknüpft werden. „Athen hat 2004 auch deshalb zehn Milliarden gekostet, weil es U-Bahn, Flughafen, Fußgängerzonen und viele Sportstätten gebaut hat“, sagt Preuß. In Peking seien allein sieben Milliarden Dollar aufgewendet worden, um Leitungen unter die Erde zu legen. „Und Berlin müsste auch kein ganzes Stadtviertel umkrempeln wie London mit dem Eastend.“ London kam auf Gesamtkosten von 11,5 Milliarden Euro.

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