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Da geht's lang zur Party: Mick Jagger und die Rolling Stones spielen nach 49 Jahren wieder auf der Berliner Waldbühne.

© dpa

Open-Air-Konzertsaison: Berlin? Einfach unbeschreiblich!

Waldbühne, Wuhlheide und Zitadelle sind gut gebucht, denn alle Künstler wollen in der Hauptstadt auf die Bühne. Für eine exzessives Konzert verzichten manche Stars sogar auf mehr Profit.

Dass die Rolling Stones in diesem Jahr zwei Konzerte in Deutschland geben, haben die Fans der Berliner Waldbühne zu verdanken. Eigentlich war nur ein Konzert in Düsseldorf geplant. Aber dann schlug der Berliner Veranstalter Deag die Waldbühne vor. Was für eine Idee! Die Stones waren elektrisiert. „Unbeschreiblich“, hat Mick Jagger die dortige Atmosphäre einmal genannt.

Seine Begeisterung hat wohl auch einiges mit Nostalgie zu tun. Vor 49 Jahren hat die Band das erste Mal dort gespielt. Es war ein legendäres Konzert. Sieben Jahre lang war das Amphitheater danach nicht mehr zu gebrauchen, nach dem Auftritt schlugen die Fans die Sitzreihen kurz und klein.

Hätte die Deag das Olympiastadion als Zusatzbühne vorgeschlagen, dann hätten die Stones sich wohl nicht zu einem weiteren Konzert überreden lassen. Über das Stadion sagte Mick Jagger nämlich mal, dort komme einfach keine Stimmung auf.

Möglich, dass andere Bands das auch so sehen. Jedenfalls führt in diesem Open-Air-Sommer keine einzige Stadiontournee nach Berlin. Trotzdem ist auf den Open-Air-Bühnen in diesem Sommer viel los. In der Waldbühne spielten erst vor einer Woche Peter Gabriel, und die Backstreet Boys kommen im Juli. In der Wuhlheide eröffnen die Hard-Rock-Mitbegründer Black Sabbath am kommenden Sonntag die Saison. In der Zitadelle Spandau treten in diesem Jahr knapp 20 Bands im Rahmen des Citadel Music Festivals auf. Auch auf dem Tempelhofer Feld wird gerockt, in den Höfen der Kulturbrauerei, auf der Sommerbühne der Ufa-Fabrik.

Vor zehn Jahren sah der Konzertkalender im Sommer noch langweiliger aus. Damals hatten viele Veranstalter und Bands Vorbehalte gegen Berlin. Es hieß, die Berliner seien nicht bereit, teure Eintrittspreise bezahlen, außerdem seien die Bühnen nicht gut genug. „Egal ob Open Air oder Indoor – alle Künstler wollen heute unbedingt in Berlin spielen“, heißt es heute aus dem Kreis der Konzertveranstalter.

Klaus-Peter Matziol von der Kölner Konzertagentur Peter Rieger erklärt, „das Image von Berlin hat sich gewandelt. Die Stadt ist mittlerweile weltweit als Musik- und Kreativen-Metropole unumstritten – allein deshalb gehört Berlin zum Tourneeplan fast jeder Band.“ Organisiert seine Agentur eine Deutschland-Tournee ohne Berlin, dann wollen die Musiker fast immer wissen wieso. Seine Antwort lautet dann meistens: marketingtechnische Gründe. „Wenn eine Band zwei Jahre hintereinander nach Deutschland kommt, dann lassen wir die Stadt in einem Jahr meist aus.“ Manchmal steht Berlin aber auch einfach deshalb nicht auf dem Tourneeplan, weil in der Stadt zu viel los ist und kein geeigneter Veranstaltungsraum mehr frei ist. Besonders oft passiert das im Sommer.

In fast allen Open-Air-Bühnen dürfen nur eine begrenzte Zahl an Konzerten stattfinden. In der Zitadelle Spandau zum Beispiel können maximal 23 Konzerte veranstaltet werden – seit im Sommer 2007 an 30 Veranstaltungstagen Musiker die Festung rockten und die Nachbarn das erste Mal wegen Lärmbelästigung klagten. Michael Gottschling, Manager der Zitadelle Spandau: „Wären die Anwohner nicht, wir könnten viel mehr Konzerte organisieren.“

Mit großer Bühnenshow fällt Open-Air ins Wasser

Auf der Kindl-Bühne in der Wuhlheide dürfen wegen des Immissionsschutzes sogar nur 18 Konzerte im Jahr veranstaltet werden. Das Amphitheater litt bis 2003 unter der etablierten und größeren Waldbühne. Dann entdeckten die Rock-Musiker die Bühne. Weil der Innenraum des Amphitheaters besonders groß ist, gibt es viel mehr Stehplätze als zum Beispiel in der Waldbühne und optimale Bedingungen für Stage Diving und andere Choreografien. Die Ärzte sind mittlerweile Stammkunden, auch Pearl Jam und Radiohead, manchmal spielen die Bands hier ihr einziges Deutschland-Konzert. Angela Lessnick, Managerin der Bühne sagt, „den Musikern, die bei uns auftreten, ist heute egal, dass sie bei uns 4500 Tickets weniger als in der Waldbühne verkaufen können. Denen ist wichtig, dass sie hier die bessere Party feiern können.“

Manche Bands wollen aber auch im Sommer drinnen spielen, wie gerade eben Robbie Williams und demnächst wieder Justin Timberlake. Sie treten im Mai und im Juni in der O2-World auf. Das liegt daran, dass beide mit aufwendigen Bühnenshows touren, die nur in Hallen funktionieren. „Open-Air-Bühnen sind für große Shows nicht vorbereitet“, erklärt Klaus-Peter Matziol.

Die O2-World hat eine Lücke in der Bühnenlandschaft Berlins geschlossen. Einen Veranstaltungsort von dieser Größe, ganz speziell für Konzerte konzipiert, gab es bis zur Einweihung der Halle im Jahr 2008 nicht. Zwar gab es schon vorher Locations mit Platz für mehr als 10 000 Menschen, zum Beispiel die Max-Schmeling-Halle. Aber nirgends sind die technischen Bedingungen eben so gut wie in der Halle zwischen Ostbahnhof und Warschauer Straße.

„In den 70er und 80er war es noch ganz normal, dass man Sporthallen einfach für Konzerte umrüstete“, sagt Moritz Hillebrand, Sprecher der O2-World. „Aber heute erwarten Publikum und Bands sehr gute Akustik und aufwendige Bühnenshows.“ In der O2-World zum Beispiel ist der Zugang zur Bühne besonders einfach, Aufbau und Bühnenumbau dauern nicht lange. Außerdem hat das Gebäude wegen aufwendiger Dämmung optimale Nachhallzeiten. Trotzdem gilt die Zeit zwischen Mai und September in der O2-World als Nebensaison. „Jetzt startet die Open-Air- und Festival-Zeit. Die meisten Künstler zieht es jetzt einfach nach draußen“, sagt Hillebrand.

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