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Oper: Vulkan auf dem Wannsee für Mozarts Zauberflöte

Im Sommer entsteht für drei Wochen eine Seebühne im Wasser. Dort wird Mozarts Zauberflöte inszeniert. Eigentlich sollte sie in Potsdam stattfinden – doch da quakten Kröten

Der Wannsee steht schon seit einigen Jahren jeden Herbst „in Flammen“. Diesen Sommer soll noch mehr Feuer hinzukommen, nämlich in Form eines Vulkanausbruchs, der 18 Tage lang das Finale von Mozarts „Zauberflöte“ einläuten wird. Mit ihr eröffnen im August die ersten Seefestspiele Berlin – und gehen dabei zugleich auf Nummer sicher, denn die „Zauberflöte“ ist die zweitpopulärste Oper überhaupt, nach „Carmen“. Im Opernpalais Unter den Linden haben Veranstalter Peter Schwenkow, Vorsitzender der Deutschen Entertainment AG, und Ausstatter Momme Röhrbein jetzt den Umzug vom geplanten, aber umstrittenen Standort in Potsdam nach Berlin bekanntgegeben und auch das Bühnenbild vorgestellt.

Es ist einerseits spektakulär, andererseits aber auch erwartbar. Auf einer Pontonbrücke im Wannsee wird ein Fels ruhen, aus dem sich eine 16 Meter hohe Pyramide erhebt – ein Symbol für Ebenmaß, mit dem die von freimaurerischen Idealen durchzogene „Zauberflöte“ häufig illustriert wird. In der Mitte der Pyramide klafft ein Loch, das an ein Auge erinnert – ebenfalls ein beliebtes Symbol für Wachsamkeit und Allwissenheit. Mittels Videoprojektionen soll am Ende Feuer aus der Spitze ausbrechen. Inszenierte Naturgewalt in der tatsächlichen Natur – diese Einheit der Gegensätze macht seit jeher die Attraktivität von Freiluftaufführung aus.

Rund zwölf Meter werden zwischen der schwimmenden Bühne im südlichen Teil des Strandbades und der Tribüne liegen, auf der 4700 Besucher Platz finden sollen. Vom 11. bis 28. August wollen Schwenkow und Mitveranstalter Burghard Zahlmann vom Concertbüro Zahlmann 50 000 Menschen anlocken. Dafür investieren sie drei Millionen Euro. Regie führt Katharina Thalbach, Judith Kubitz aus Schwerin wird die Kammerakademie Potsdam dirigieren.

Indem sie das Bühnenbild vorstellen, hoffen die Veranstalter auch, dass sich die Debatte um die Seefestspiele endlich auf die Kunst konzentriert. Die hat eben erst den Kampf gegen die Kröten verloren. Ursprünglich sollte die Inszenierung nämlich auf Hermannswerder, im Süden Potsdams, über die Bühne gehen. Wegen Protesten von Naturschützern und mangelnder Unterstützung der Potsdamer Verwaltung hat Schwenkow Anfang dieser Woche die Notbremse gezogen. Um Planungssicherheit zu gewährleisten, verlegte er das Projekt an den Wannsee. Angst vor Kalauern hat er keine: „Potsdam hat’s vergeigt“, sagte er. Das sehen andere auch so: „Potsdam hat einen Elfmeter nicht verwandelt, obwohl kein Torwart im Tor stand, und stattdessen noch zusätzlich eine Mauer hochgezogen“, schimpfte der Geschäftsführer der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH, Dieter Hütte.

Auch Potsdamer Parteien wie die CDU und die FDP zeigen sich jetzt enttäuscht – obwohl es vorher nur wenig Unterstützung aus der Politik für das Projekt gab. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat sich sechs Monate lang nicht öffentlich dazu geäußert. So lange hat das Tauziehen gedauert. Einige Anwohner fürchteten Lärm- und Müllprobleme, Naturschützer einen Eingriff in die Flora und Fauna auf Hermannswerder. Sie drohten, sich bis nach Brüssel zu klagen – mit dem Argument, die Seefestspiele seien „nicht genehmigungsfähig“, da sie gleich in mehreren Naturschutzgebieten lägen. Überprüft hat die Stadt das nicht.

„Ich bin seit 35 Jahren in Berlin“, sagt Peter Schwenkow. „So lange bespiele ich die Waldbühne, wo sich mit der Murellenschlucht ebenfalls ein Naturschutzgebiet in unmittelbarer Nähe befindet. Aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Kann er sich vorstellen, in den nächsten Jahren, wenn sich die Wogen geglättet haben, doch noch nach Potsdam zu gehen?  „Ganz klar: Nein.“ Er sei nun seinem Parteifreund Norbert Kopp (CDU) zu Dank verpflichtet. Denn am Berliner Ufer der Havel ging das, was in Potsdam nicht in die Gänge kommen wollte, ganz schnell: Innerhalb von 48 Stunden hatte Kopp die Veranstaltung im Strandbad genehmigt. Als Bürgermeister von Steglitz-Zehlendorf steht er einem Bezirk vor, der doppelt so viele Einwohner hat wie Potsdam – was die Entscheidungswege offenbar nicht erschwert hat.

Gesperrt werden soll das Strandbad während der Seefestspiele nicht. Es ist seit langem eine erprobte Location für Großveranstaltungen. Und laut Peter Schwenkow sind Anwohner und Naturschützer dieses Mal eingebunden – wobei im Schlamm des Strandbades keine schützenswerten Salamander leben. Und falls doch, dann gilt für sie bestimmt, was Tamino in Mozarts Oper singt: „Holde Flöte, durch dein Spielen selbst wilde Tiere Freude fühlen.“

Tickets zwischen 40 bis 79 Euro unter der Telefonnummer 29 021 521 (die Nummer ist von 7.30 - 20 Uhr geschaltet). Oder im Netz unter www.tagesspiegel.de/shop

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