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Berlin: Operation gelungen

Streikende Charité-Ärzte freuen sich über öffentlichen Zuspruch. Konkrete Erfolge aber gibt es noch nicht

Die Ärzte von Europas größtem Universitätsklinikum sind stolz auf ihren Streik: An jedem einzelnen der vergangenen fünf Tage gelang es ihnen, die öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen – mit öffentlichen Sprechstunden in Fußgängerzonen, mit Flugblättern und mit Demonstrationen. Die Teilnehmerzahl ist dabei von Tag zu Tag gestiegen. 1200 waren es am Freitag, die vom Charité Campus Benjamin Franklin in Steglitz zum Rathaus Schöneberg zogen.

Am Freitag trat auch das Pflegepersonal des Klinikums in einen kurzen Warnstreik. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi protestierten 900 Pfleger und Krankenschwestern am Ort der gestrigen Sitzung des Charité-Aufsichtsrates in Mitte gegen Lohnkürzungen und die angedrohten betriebsbedingten Kündigungen.

Der einwöchige Arbeitskampf der Mediziner sei ein voller Erfolg gewesen, sagt Matthias Albrecht, Berliner Landesvorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Vor allem wegen ihrer öffentlichen Wirkung. „In der Bevölkerung ist verstanden worden, dass hier nicht eine Gruppe Privilegierter in wirtschaftlichen Krisenzeiten nach mehr Geld schreit, sondern dass die Anliegen der Streikenden auch die der Patienten sind.“

Mit der Arbeitsniederlegung wollten die Mediziner bessere Arbeitsbedingungen, mehr Lohn und die korrekte Abrechnung der Überstunden erkämpfen. Davon freilich haben sie noch nicht allzu viel erreicht, auch wenn Albrecht das etwas anders sieht. „Der Charité-Vorstand hat uns zugesichert, über Arbeitsstunden, Vertragslaufzeiten und Weiterbildung zu verhandeln, wenn auch vorerst nicht über Lohnerhöhungen.“

Doch genau das hatte der Vorstand auch schon vor Streikbeginn angeboten: über Details zu reden, nicht aber über mehr Geld. Allerdings scheint sich da etwas zu ändern. Man sei zu Gesprächen über eine Neuregelung der Überstundenerfassung bereit, sagt Charité-Sprecherin Kerstin Endele. Nach Angaben der Ärzte-Initiative leisteten die Kollegen monatlich rund 85 000 unbezahlte Überstunden. Gestern sprach sich auch der Charité-Aufsichtsratsvorsitzende und Wissenschaftssenator Thomas Flierl (Linkspartei/PDS) dafür aus, die Mehrarbeit genau zu erfassen, damit man „mit ehrlichen Zahlen“ argumentieren könne. „Notwendige Überstunden müssen natürlich bezahlt werden“, sagte Flierls Sprecherin Brigitte Reich.

Nach Angaben des Marburger Bundes haben sich rund 70 Prozent der 2200 Charité-Mediziner am Streik beteiligt, der Rest habe die Notfallversorgung gewährleistet. Der Charité-Vorstand will Ende Dezember eigene Zahlen zum Ausmaß des Streiks veröffentlichen.

In der Charité selbst war es während des Streiks nicht zu gravierenden Betriebsstörungen gekommen, Patienten hatten sich nicht beklagt. Das bestätigten die Senatsgesundheitsverwaltung und der Klinikvorstand. Charité-Sprecherin Endele sagte, zur Anzahl der verschobenen Eingriffe und Einnahmeausfälle könnten noch keine Angaben gemacht werden.

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