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Berlin: Opposition empört über Abschaffung der Förderklassen Bögers Pläne für fremdsprachige Schüler stoßen auch in der SPD auf heftige Kritik

Beim Bildungsparteitag der SPD im April wird sich Schulsenator Klaus Böger (SPD) mit harter Kritik auseinander setzen müssen. Insbesondere die Abschaffung der Ausländer-Förderklassen und der geringe Stundenumfang des geplanten Deutsch-Pflichtkurses für Vorschüler bringen etliche Genossen in Rage.

Beim Bildungsparteitag der SPD im April wird sich Schulsenator Klaus Böger (SPD) mit harter Kritik auseinander setzen müssen. Insbesondere die Abschaffung der Ausländer-Förderklassen und der geringe Stundenumfang des geplanten Deutsch-Pflichtkurses für Vorschüler bringen etliche Genossen in Rage. Einer der profiliertesten Bildungspolitiker der SPD, Neuköllns Volksbildungsstadtrat Wolfgang Schimmang, kündigte gestern an, dass er mit Parteitagsbeschlüssen ein stärkeres Engagement des Senats bei der Migrantenförderung durchsetzen will.

Schimmang hält es für „nicht hinreichend“, dass der von Februar bis Juni dauernde Deutsch-Pflichtkurs nur zehn Wochenstunden umfassen soll. „20 Stunden müssen sein“, meint Schimmang – und will einen entsprechenden Antrag auf dem Parteitag stellen. Nur wenn der Kurs pro Tag vier Stunden dauere, könne er die beschlossene Abschaffung der Vorklassen kompensieren.

Nicht weniger scharf ist die Kritik am Wegfall der so genannten Förderklassen, in denen bislang 15 Kinder intensiv Deutsch lernen können. Diese kleinen Lerngruppen wird es künftig nur noch ab der dritten Klasse geben und zwar für Kinder, die aus dem Ausland übersiedeln und in Berlin in die Schulen eingegliedert werden müssen. Die große Masse der Migrantenkinder, die bereits mit der ersten Klasse beginnen, soll mit den deutschen Kindern zusammen in Klassen mit 24 bis 28 Schülern unterrichtet werden.

Die Opposition hat diese Pläne seit langem kritisiert. Der bildungspolitische Sprecher der CDU, Gerhard Schmid, hält die Abschaffung der Förderklassen für „ungeheuerlich“. Er fürchtet – ebenso wie die FDP-Bildungspolitikerin Mieke Senftleben –, dass die Schuleingangsphase „völlig überfrachtet“ wird: Denn die Lehrer müssen hier nicht nur alle Sprachprobleme beseitigen, sondern gleichzeitig auch noch alle Lernbehinderten integrieren, ohne dafür personelle Verstärkung zu bekommen. Der bündnisgrüne Abgeordnete Özcan Mutlu sieht in der Abschaffung der Förderklassen eine „fatale Kürzungsmaßnahme“.

Die Ansicht der Opposition deckt sich mit den Befürchtungen von Seiten der SPD. Ebenso wie Schimmang hat auch Neuköllns sozialdemokratischer Bürgermeister Heinz Buschkowsky vor der Abschaffung der Förderklassen gewarnt und verlangt eine entschlossenere Förderung von Migranten.

Wie groß der Handlungsdruck ist, zeigt ein Blick in die druckfrische Schulstatistik. Demnach ist der Migrantenanteil innerhalb der letzten acht Jahre um weitere 25 Prozent gestiegen. Im aktuellen Schuljahr sind von 340 000 Schülern über 80 000 Kinder ausländischer Herkunft. Für Neukölln bedeutet dies, dass jetzt erstmals in der Geschichte des Bezirks über 50 Prozent der Grundschüler unter die Rubrik „nichtdeutscher Herkunftssprache“ fallen. Bislang traf dies nur für die kleineren Bezirke wie Wedding und Kreuzberg zu.

Insgesamt liegen 170 der rund 850 Berliner Schulen in sozialen Brennpunkt-Gebieten. Es wächst die Zahl der Schulen mit einer Ausländerrate von fast 100 Prozent. Vor diesem Hintergrund fragen sich immer mehr Bildungspolitiker, ob das neue Schulgesetz überhaupt ausreicht, um die wachsenden Probleme in den Griff zu bekommen. Lauter werden auch die Stimmen, die für „Risikokinder“ einen Pflichtbesuch der Kita verlangen. Das aber müsste bundesweit beschlossen werden, weil es in Elternrechte eingreift.

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