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Erst friedlich, dann chaotisch. Die Blockupy-Demonstration am 18. März 2015 in Frankfurt am Main endete mit heftigem Krawall.

© AFP, Daniel Roland

Update

OSZE und Blockupy: Diplomaten und Demonstranten legen Potsdam und Berlin lahm

OSZE-Treffen in Potsdam, Blockupy-Demos in Berlin: Die Polizei hat von Donnerstag bis Sonntag so viel zu tun wie selten. Viele Straßen werden gesperrt. In Potsdam fahren die hohen Staatsgäste sogar Tram und Dampfer.

In den nächsten Tagen wird es für die Polizei in Berlin und Potsdam kaum eine Atempause geben – und alle Aufgaben lassen sich nur mit massiver Verstärkung bewältigen. Erst müssen mehr als 2000 Einsatzkräfte in Brandenburgs Landeshauptstadt am Donnerstag das Treffen der Außenminister von 57 Mitgliedsländern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schützen. Und dann geht es gleich nahtlos weiter in Berlin, wo die von zahlreichen Globalisierungskritikern und antikapitalistischen Gruppen getragene „Blockupy“-Bewegung von Freitag bis Sonntag zu Kundgebungen, Demos und Aktionen aufruft.

Stress ohne Ende erwartet allerdings nicht nur die Einsatzbeamten. Verkehrsteilnehmer müssen in beiden Städten mit massiven Einschränkungen rechnen.

Sogar Havelbrücken werden zeitweise gesperrt

Etliche Umleitungen, gestrichene Bus- und Tramlinien, blockierte Brücken und sogar zeitweise Unterbrechungen des Schiffsverkehrs auf der Havel: Solange die OSZ-Delegationen im Dorint-Hotel am Nordrand der City tagen und in der Stadt unterwegs sind, wird der Alltag der Potsdamer heftig umgekrempelt.

Vor allem, weil den von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eingeladenen hohen Staatsgästen auch touristisch viel geboten werden soll: Sie bummeln durch die Russische Alexandrowka-Kolonie, rumpeln mit einer historischen Trambahn durch die City zum Stadthafen - und schippern von dort zur weltbekannten Glienicker Brücke, wo im Kalten Krieg Agenten ausgetauscht wurden.

Alles dicht: Die Auswirkungen werden groß sein in Potsdam.
Alles dicht: Die Auswirkungen werden groß sein in Potsdam.

© Tsp

Um alle Wege zu schützen, muss die Polizei also höchst flexibel und umfassend präsent sein.

Während des nachmittäglichen Berufsverkehrs werden wegen der Dampfertour der Diplomaten aus Sicherheitsgründen wahrscheinlich alle Havelübergänge zeitweise gesperrt. Betroffen sind die Lange Brücke, die Humboldtbrücke und die Glienicker Brücke. Autos, öffentliche Verkehrsmittel, Fußgänger und Radfahrer müssen stoppen, wenn sich das Schiff nähert.

Weiter geht es erst, wenn es sich wieder entfernt hat. Wann das genau passiert, ist unklar. Die Brücke sollen laut Programm zu Fuß überquert werden – weswegen sie am Abend komplett gesperrt wird. Anschließend gehen die Diplomaten im Schloss Glienicke gemeinsam zum Abendessen.

„Wir sind gut auf einen der größten Einsätze des Landes Brandenburg vorbereitet“, sagte Polizeivizepräsident Roger Höppner. Mehr als 1000 Polizisten seinen im Einsatz. Deutschland hat in diesem Jahr turnusmäßig den Vorsitz der OSZE. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat seine Amtskollegen erstmals zu einem informellen Treffen eingeladen, das den eigentlichen Gipfel im Dezember in Hamburg vorbereiten soll. Inhaltlich soll es dabei um das Engagement der OSZE im Krisen- und Konfliktmanagement, besonders in der Ukraine, und in der Terrorismusbekämpfung sowie Fragen der Rüstungskontrolle gehen.

Wer genau nach Potsdam kommt - die Gäste werden wohl auf dem militärischen Teil des Berliner Flughafen Tegel landen - , war auch Dienstag offen. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass US-Außenminister John Kerry und Russlands Außenminister Sergei Lawrow anreisen. Wer verhindert sei, werde durch „einen hochrangigen Stellvertreter“ ersetzt, formuliert es das Auswärtige Amt. 

2015 gab es bei einer Blockupy-Demo Chaos und Krawall

Eine Großlage gilt es ab Freitag auch in Berlin zu bewältigen. Zumal der Name „Blockupy“ mit Erinnerungen an Chaos und Krawall verbunden ist: Brennende Polizeiwagen und Barrikaden, schwarzer Rauch über der Stadt, eingeschlagene Scheiben, Ausnahmezustand. Im März 2015 löste die Blockupy-Demonstration gegen das neue EZB-Gebäude in Frankfurt am Main Chaos in der Stadt aus. Die Polizei sprach von „4000 hemmungslosen Straftätern“, 150 Beamte wurden verletzt, die Organisatoren verweigerten eine „pauschale Distanzierung“. Nun sind in Berlin bis Sonntag etliche „Blockupy“-Veranstaltungen geplant.

Am Potsdamer Platz ist eine Kundgebung mit dem Titel „Blockupy“ von 7 bis 10 Uhr mit 1000 Teilnehmern angemeldet, am Gendarmenmarkt will das globalisierungskritische Netzwerk Attac eine Kundgebung von 7 bis 17 Uhr durchführen. „Ultra europäisch, grenzenlos und für alle“, lautet der Aufruf.

Aktivisten wollen Arbeitsministerium blockieren

Nach beiden Kundgebungen wollen die Veranstalter zur Blockade des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in der Wilhelmstraße aufrufen. Es gehe darum, dessen „ Politik der Ausbeutung, sozialen Spaltung und Ausgrenzung zu markieren", steht auf der Homepage von „Blockupy“. Offiziell ist allerdings kein Umzug zum Ministerium angemeldet. Auch eine Demo gegen den Türkei-Deal ist am Freitag geplant.

Auch über den Kurfürstendamm zieht eine Demo

Am Sonnabend wollen die Aktivisten dann unter dem Motto „Aufstehen gegen Rassismus“ über den Ku'damm ziehen. Die Naturfreunde Deutschland haben dafür eine Veranstaltung mit 10 000 Teilnehmern angemeldet. Die Polizei warnt deshalb schon jetzt vor erheblichen Verkehrsproblemen und rät zur Umfahrung der Westcity. Die Demo startet um 12 Uhr am Adenauerplatz und zieht über den Savignyplatz, die Tauentzienstraße zum Lützowplatz. Dort ist nach 18 Uhr eine Kundgebung geplant. Die Polizei bereitet sich auch auf diese Großlage vor. Am Mittwoch gab es dazu im Präsidium ein Planungstreffen. Auslagen von Geschäften würden vorbeugend nicht verbarrikadiert, heißt es. Aber man sei in großer Zahl präsent.

Blockupy ist ein linkes Netzwerk, zu dem Gewerkschaftsgruppen ebenso gehören wie viele ökologische und sozial engagierte Initiativen. Das Spektrum reicht von „Attac“ und der Linkspartei bis zu autonomen Gruppierungen.

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