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Berlin: Pädagogen wollen Kindern ihren Platz auf den Straßen zurückgeben

"Wir brauchen wieder richtige Stadtgören", sagt Stephan Riegger und macht eine eine ausladende Handbewegung. "Nehmen wir nur mal den Alex: Der war bis vor kurzem eine Spielwüste ohne Kinderkultur.

"Wir brauchen wieder richtige Stadtgören", sagt Stephan Riegger und macht eine eine ausladende Handbewegung. "Nehmen wir nur mal den Alex: Der war bis vor kurzem eine Spielwüste ohne Kinderkultur." Und was wird aus den Kindern? "Vor Bewegungsmangel werden sie krank, und die Sorge der Eltern um ihre Sicherheit lässt ihnen keinen Freiraum mehr."

Deshalb hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine Planungswerkstatt veranstaltet, in der Kinder und Jugendliche ihre Vorstellungen zur spielgerechten Umgestaltung der Innenstadt äußern konnten. Erstes sichtbares Ergebnis ist seit Herbst 1998 der Spiel Point auf dem Alexanderplatz: ein Gerüst mit Kletterwand, zwei beweglichen Aussichtsplattformen und einer schräge Leiter zum Hochhangeln. Für Riegger, Sportdozent an der Freien Universität und Initiator der FU-Arbeitsgemeinschaft Berlinbewegt, ein Riesenschritt nach vorne. "Die Kinder müssen raus aus diesen Spielplatz-Reservaten und rein in die Stadt. Nur dann werden sie sich darin zurechtfinden."

Gestern hat der dänische Spielgerätehersteller Kompan den Spiel Point, der eigentlich nur als vorübergehende Leihgabe gedacht war, dem Bezirk Mitte offiziell zur Dauernutzung übergeben. Regina Hass vom Kompan-Institut für pädagogische Spielkonzepte sagte, gerade die 6- bis 12-Jährige seien auf "Spiel-Points" wie den auf dem Alex angewiesen. "Sie haben kein Lust mehr, auf herkömmlichen Kinderspielplätzen zu spielen, sondern wollen herumstreichen." Die zuständige Stadträtin Eva Mendl (PDS) sagte, der wohl bekanntesten Berliner Platz müsse nicht nur für Kinder attraktiver werden. "Das soll hier wieder ein Treffpunkt werden. Damit keiner mehr sagt: der Alex ist öde." Doch scheiterten Pläne oft an den leeren Kassen. "Der Bezirk hat nicht mal Geld, die Spielplätze in Ordnung zu halten - geschweige, neue Geräte anzuschaffen."

Stephan Riegger bestreitet, dass finanzielle Gründe ausschlaggebend für die wenig kinderfreunliche Innenstadt seien. "Das ist keine Frage des Geldes, sondern der klugen Konzepte." Der Spiel Point liefere das beste Beispiel, dass "tolle Ideen" mit wenig öffentlichen Mitteln realisiert werden könnten.

Schon nächsten Montag geht der Versuch, dem toten Stadtraum kostensparend, aber kreativ Leben einzuhauchen, weiter. Dann rückt ein Laster an und liefert Sand für das Beach-Volleyballfeld, das neben Spiel Point und Streetballplatz entstehen soll. Der Sand stammt vom letztjährigen Beach-Volleyballturnier an der Jannowitzbrücke, und eine Menge Firmen sponsern die Bauarbeiten. "Das einzige", sagt Marcus Lehmann vom Kinder- und Jugendbüro Mitte, "was wir zahlen müssen, ist der Laster."

jmw

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