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Aggressive Stimmung. Rund 1000 meist junge Araber demonstrierten bereits am vergangenen Sonnabend am Potsdamer Platz für ein freies Palästina.

© dpa

Palästinenser-Demo in Berlin: Der Gaza-Konflikt ist ganz nah

Der Konflikt in Nahost schürt auch die Gewalt in Berlin. Eine Palästinenser-Demo am Freitag blieb zwar friedlich, dafür musste die Polizei in den vergangenen Tagen wiederholt gegen aggressive Jugendliche vorgehen.

Fast jeden Tag eine Demo. Aufgestachelt vom militärischen Eingreifen Israels im Gazastreifen halten vor allem palästinastämmige Araber seit Tagen die Polizei in Atem. Am späten Freitagnachmittag folgten rund 1300 Protestler dem Aufruf der Palästinensischen Gemeinde. Sie versammelten sich am Adenauerplatz in Charlottenburg, um über den Ku’damm zum Breitscheidplatz zu ziehen - mit einer großen palästinensischen Fahne an der Spitze. Doch im Gegensatz zu den bisherigen, von aggressiven Jugendlichen beherrschten Aufzügen kamen diesmal ganze Familien und mehr ältere Teilnehmer. Laut Polizei verlief der Umzug bis zum Abschluss am Breitscheidplatz „friedlich“.

Anders am Donnerstag. Da konnte die Polizei nur mit massiven Absperrungen verhindern, dass junge, aggressive Araber eine proisraelische Kundgebung auf dem Joachimsthaler Platz stürmten. Angemeldet war die Demo nicht, etwa 400 Menschen hatten sich über Facebook abgesprochen und sich am U-Bahnhof Bülowstraße getroffen. Von dort zogen sie bis zum Kurfürstendamm. Die Polizei hatte die Kreuzung am Kranzlereck mit Mannschaftswagen und behelmten Hundertschaften abgeriegelt, um die Sicherheit der proisraelischen Kundgebung mit 350 Teilnehmern zu gewährleisten. Palästinastämmige Jugendliche warfen Böller und Flaschen auf die 470 Polizisten, ein Beamter wurde leicht verletzt.

Auf Facebook-Beiträgen werden die Polizei und Israelis verhöhnt

Auf Facebook-Beiträgen und Videos werden die Polizei und Israelis gleichermaßen verhöhnt. „Demonstranten tricksen Polizei aus“, heißt ein Youtube-Video, das zeigt, wie arabische Jugendliche und Heranwachsende eine Polizeisperre umlaufen, um aus einer anderen Richtung die Pro-Israel-Demo anzugreifen. „Die verdienen ’ne Klatsche“, heißt es zur Begründung auf der Facebook-Seite eines Berliner Arabers. Zwei Jugendliche, denen es gelungen war, die israelische Kundgebung durch Krakeelen („Kindermörder Israel“) zu stören, werden im Internet für ihren „Mut“ gefeiert.

Lala Süsskind, die Organisatorin der Kundgebung und frühere Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, forderte am Freitag ein härteres Vorgehen der Behörden gegen die Demonstrationen. Süsskind verglich die Situation mit Frankreich, wo die Regierung nach Gewalttaten weitere arabische Gaza-Demos verboten habe. „Die deutschen Behörden sollten sich dringend daran ein Beispiel nehmen“, hieß es in einer Mitteilung des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus. „Es kann nicht sein, dass Menschen, die sich mit dem jüdischen Staat solidarisieren, von einem offenkundig aggressiven und gewaltbereiten Mob massiv bedroht werden“, sagte Süsskind. Der Nahostkonflikt dürfe nicht auf den Straßen Europas ausgetragen werden.

Die Hürden für ein vorbeugendes Demonstrationsverbot sind hoch

Aber genau das kann in den kommenden Tagen wieder geschehen. Die Hürden für ein vorbeugendes Demonstrationsverbot liegen im deutschen Recht sehr hoch. Dies ist nur möglich, wenn eine „unmittelbare Gefährdung“ der öffentlichen Sicherheit und Ordnung droht. Begründen lässt sich das aber nur in extremen Ausnahmefällen, und selbst dann ist es schwer.

Auch für den heutigen Sonnabend wird zu einer Demo „Free Palestine“ mobilisiert. Laut Polizei ist diese Anmeldung vom Veranstalter abgesagt worden. Dennoch wird weiter geworben. Auch der Protest am vergangenen Sonnabend, bei dem mehrere hundert Palästinenser die Fanmeile stürmen wollten, war abgesagt, dennoch hatten sich 1000 Menschen am Potsdamer Platz getroffen. Wie berichtet war die Polizei von der Wucht der nicht angemeldeten Demo völlig überrascht worden, das Präsidium sprach anschließend von einer „aufgeheizten Stimmung“.

Nach Polizeiangaben ist die für Sonnabend angekündigte Demo auf den Montag verlegt worden, 600 Menschen wollen vom Alex zum Brandenburger Tor ziehen. Auffallend ist bei den Protesten, dass sich deutsche Gruppen kaum beteiligen. Allerdings hat der NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke sich mit den palästinensischen Protesten solidarisiert. Für den kommenden Freitag ist eine Demo zum „Al-Quds-Tag“ angemeldet, wiederum vom Adenauerplatz über den Ku’damm. Der Al-Quds-Tag war 1979 vom iranischen Revolutionsführer Khomeini eingeführt worden, um Hass gegen Israel zu schüren.

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