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Berlin: Palast der Republik wird zum Osttarif abgerissen

IG Bau präzisiert Dumping-Vorwürfe gegen beauftragtes Bauunternehmen Zu Ostern 2007 soll das Gebäude am Schloßplatz verschwunden sein

Noch in diesem Monat soll der Abriss des Palastes der Republik beginnen – und zwar unter maßgeblicher Beteiligung der umstrittenen Baufirma Ludwig Freytag. Während Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) am Freitag den Ablauf des Vorhabens schilderte, präzisierte die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) ihre Vorwürfe gegen das Unternehmen.

IG-Bau-Bezirksgeschäftsführer Rainer Knerler verwies auf Lohnabrechnungen ehemals bei Freytag Beschäftigter, nach denen das Unternehmen beim Bau der Autobahn 113 nur 10,24 statt der laut Tarif gültigen 14,62 Euro pro Stunde gezahlt habe. Außerdem habe die Niederlassung der Firma im brandenburgischen Beelitz keine fest angestellten Bauarbeiter mehr: „Die wollten einen Betriebsrat gründen, deswegen sind die alle rausgeflogen“, sagte Knerler dem Tagesspiegel – und bezweifelte zugleich, dass das Unternehmen den Palastabriss unter diesen Umständen noch leisten könne. Aus der Oldenburger Zentrale von Freytag hieß es gestern nur: „Wir halten die Vorwürfe für ungerechtfertigt.“ Zu Details wolle man sich nächste Woche äußern.

Nach Angaben der Stadtentwicklungsverwaltung ist der Verdacht kein Ausschlusskriterium, solange er nicht gerichtsfest bewiesen sei. Alle am Palastabriss beteiligten Firmen hätten eine verbindliche „Tariftreueerklärung“ abgegeben. Was Lohndumping bei früheren Projekten angehe, „sind wir nicht die Stelle, die das klären muss“, sagte Junge-Reyer. Nach Angaben von Augenzeugen haben Beamte des Potsdamer Hauptzollamtes gestern eine Geschäftsprüfung von Freytag in Beelitz vorgenommen.

Insgesamt hätten sich 15 Bieter um den in drei Teilen (Gerüst bauen, Bodenwanne verfüllen, Gebäude abtragen) ausgeschriebenen Abriss beworben. Alle Angebote hätten deutlich unter den vom Senat avisierten 20 Millionen Euro gelegen; jetzt wird mit zwölf Millionen gerechnet.

Die Baustelle soll noch im Januar eingerichtet werden. Ab Februar werden Teile der Glasfassade und des Daches sowie die Terrassen zur Spree hin abgetragen. Über einen bereits fertigen Anleger sollen mindestens 80 Prozent des Materials mit Schiffen abtransportiert werden. Maximal zehn Schiffe pro Tag würden benötigt. Der Verkehr auf der Spree soll per Ampel geregelt werden, Sperrungen seien nicht vorgesehen. Zurzeit würden Informationstafeln für den Bauzaun und eine Aussichtsplattform geplant.

Damit die Nachbargebäude wie Marstall und Berliner Dom geschont werden, soll der Palast mit Hilfe von Kränen stückweise demontiert werden, sagte der mit der Planung beauftragte Ingenieur Hartmut Kalleja. Schwierigste Aufgabe werde die Demontage der bis zu 81 Meter langen Stahlträger über dem Großen Saal. Zu Ostern 2007 soll der Abriss erledigt und die Bodenwanne des Palastes mit einem Sand-Wasser-Gemisch aufgefüllt sein. Dann wird sie begrünt. Junge-Reyer ist nur „eine Wiese zu wenig“. Deshalb sollen Besucher nicht nur Fundamentreste des alten Stadtschlosses sehen, sondern sich auch über die Zukunft des Schloßplatzes informieren können. Wie die aussehen könnte, soll in den nächsten Monaten geklärt werden. Noch im Januar werde mit dem Bauministerium gesprochen.

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