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Berlin: Palastrevolution

Die Grünen mahnen mit einer Gedenktafel Sogar die „New York Times“ kämpft für das Bauwerk

An seinen Mauern nagen fast schon die Abrissbagger, der Palast der Republik ist dem Ende nah. Und doch: Der Widerstand gegen den geplanten Abriss erreicht noch einen Höhepunkt. Die Grünen brachten gestern eine Gedenktafel an und halten die Rettung „fünf vor zwölf“ für möglich. Sogar die „New York Times“ hat sich eingeschaltet, ihr Architekturkritiker fordert die Erhaltung des Palastes, hält den Bau eines „kitschy castle“ für ein architektonisches Verbrechen. Das Blatt weist auf die wachsende Zahl der Palast-Verteidiger hin, auf eine „Revolte gegen die historische Zensur“ und ideologische Vorurteile. Diejenigen, die für den Bau stritten, seien keinesfalls alte Kommunisten, die auf eine Rückkehr vergangener Zeiten hofften. Der Palast mit den Möglichkeiten einer Ausstellungs- und Kongresshalle könne die „chaotische Intensität“ einer Stadt in sich unterbringen, ein Rahmen für neue Ideen sein. Leider habe es die Regierung versäumt, Architekten einzuladen, um ernsthaft alle Chancen für das Haus zu erkunden. Wie viele Orte sonst könnten zeigen, wie sich eine Gesellschaft entwickelt, ohne sich von den empfindlichsten Teilen ihrer Geschichte zu trennen, fragt die Zeitung. Sie erinnert daran, dass Berlin vergleichsweise unbefangen viele Bauten aus der Nazizeit, etwa das Olympiastadion, renoviert habe.

Die Gedenktafel der Grünen erinnert daran, dass im Palast das erste frei gewählte Parlament der DDR tagte und hier die Einheit Deutschlands beschlossen wurde. „Diesen Ort zu schleifen, zeugt ebenso von fehlendem Bewusstsein für jüngste deutsche Geschichte wie der komplette Abriss der Berliner Mauer“, sagte die Abgeordnete Claudia Hämmerling. Zumindest der Volkskammersaal sollte bewahrt und in ein neues Gebäude einbezogen werden. Bis das Konzept für einen Neubau stehe, müsse „Berlins attraktivste Kunsthalle“ weiter bestehen.

Der Palast scheint in seinen letzten Tagen noch einmal viele Emotionen aufzuwühlen. „Nie war er hässlicher, nie war er beliebter“, stellte eine Zeitung aus Kölner Distanz fest, schrieb von „neuer Anhänglichkeit“. Die Bündnisgrünen und die Linkspartei fordern ein Moratorium, einen Stopp der Abrisspläne. Am 20. Januar wird der Bundestag noch einmal über den Abriss debattieren. C. v. L.

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