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Spaß und Stress. An einigen Schulen in anderen Bundesländern wurde das Tauschen verboten.

© picture alliance / dpa

Panini-Alben: Schulkinder in der Sammelsucht

Während der Fußball-EM ist ein Panini-Album für viele Kinder großer Spaß. An den Schulen gibt es deswegen oft Ärger. Die Hefte lassen sich aber auch zum Lernen nutzen.

Spaß und Stress. An einigen Schulen in anderen Bundesländern wurde das Tauschen verboten. Die Regeln sind klar: Wenn der Unterricht beginnt, werden die Hefte weggepackt. Doch Mohammad, 11 Jahre, Schüler der Moabiter Grundschule in der Paulstraße, erzählt etwas anderes. „Die meisten aus meiner Klasse nehmen die Sticker während des Unterrichts raus und spielen. Die bekommen dann großen Ärger."

Dass Schüler sich während des Unterrichts lieber mit dem Tauschen von Panini-Bildern beschäftigen als sich auf den Unterricht zu konzentrieren, ist bei allen großen Turnieren ein Problem. Zu aufregend ist es, wenn man morgens in die Schule kommt und neues Material zum Tauschen hat. Vor den Deutschland-Spielen, so wie vor dem heutigen Viertelfinale gegen Italien, ist das Fußballfieber unter den jungen Fans natürlich besonders groß.

Heute dürfen sie hoffentlich lange aufbleiben und vor dem Fernseher die Mannschaft anfeuern – schließlich ist Wochenende. Und unter der Woche? Da kommen die Schüler am Morgen in die Klasse, holen sofort ihr Sammelheft heraus und fangen an, mit den Klebebildern zu spielen. Für die Schulen ist das nicht unbedingt ein Grund zur Freude. In anderen Bundesländern hat sich die Situation bereits zugespitzt. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben Rektoren die Panini-Bilder auf dem Schulhof verboten, weil es zu viele Konflikte gab. In Berlin ist es soweit bisher noch nicht gekommen, doch auch in Moabit berichten die Kinder von Konflikten. „Manchmal gibt es Streitereien, weil Schüler nicht fair spielen“, sagt Efrim, 9 Jahre alt. „Wenn man keine Sticker mehr hat, dann kann man nicht mehr mitspielen. Man muss sich dann neue kaufen“, sagt Mahmut. „Mitschüler, die Karten verlieren, heulen und sind wütend, weil die anderen Spaß haben und sie ausgeschlossen werden.“

240 Euro für die Sammelleidenschaft

Eine Sekretärin schildert die Situation folgendermaßen: „Man merkt, dass die Kinder abgelenkt sind. Sobald die Pause anfängt, werden die Sammelhefte rausgeholt und es wird gespielt. Meist auch im Unterricht. Das Problem dabei: Die Kinder bewegen sich kaum.“ Der Pausenhof wird zum Ort des Handels. Dabei sind die Sticker nicht gerade billig. „Manche geben zehn Euro am Tag dafür aus“, sagt ein Schüler.

Martin Schega, Direktor der Nürtingen-Grundschule in Kreuzberg, hat mit seinen Schülern im Mathematik-Unterricht ausgerechnet, was die Panini-Leidenschaft kostet. Auf mindestens 95 Euro sind sie gekommen, aber nur für den Fall, dass man kein Bild doppelt bekommt. Realistischer sind eher 240 Euro, schätzten die Schüler. An vielen Schulen werden die Hefte für praxisbezogene Aufgaben genutzt, zum Beispiel im Erdkundeunterricht.

Auch in der Kreuzberger Nürtingen-Grundschule will man das Tauschen nicht verbieten. „Wir haben das im Kollegium besprochen“, sagt Schega. „Und wir sprechen auch mit den Schülern darüber und machen sie auf die problematischen Aspekte aufmerksam.“ Das Phänomen habe zwei Seiten: „Das Sammeln macht ja auch Spaß.“ Für Landeselternsprecher Norman Heise überwiegen die positiven Effekte. „Das Tauschen fördert die Kommunikation. Ein Verbot sollte nur in Einzelfällen die Lösung sein.“

Dass die Panini-Sammlung auch vorteilhafte Auswirkungen auf das Verhalten der Kinder haben kann, bestätigt Mohammad: „Dadurch kann man eine Bindung zu Mitschülern aufbauen, die man nicht so gut kennt.“ Von neuen Bekanntschaften durch das Tauschen berichtet auch Havana, 16 Jahre alt und Schülerin des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums in Prenzlauer Berg. Wie eine Art Rausch sei es, eine neue Packung zu öffnen und das Heft immer mehr zu füllen. „Es ist ein super Gefühl, das Heft durchzublättern.“ Bisher hat sie um die 90 Euro für die Panini-Sticker ausgegeben.

Kritik hatte es auch gegeben, weil einige Schulen die Hefte an die Schüler verteilt hatten, nachdem sie diese kostenlos von Panini bekommen hatten. Auch die Nürtingen-Schule bekam die Hefte gratis. „Wir haben sie aber, nach Absprache mit den Eltern, nicht an die Schüler weiter gegeben“, sagt Schulleiter Schega.

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