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© Uwe Steinert

Pankow: Kündigung wegen Katzenfütterung: Vermieter will Kompromiss

Nach Beschwerden drohte die Gesobau einem Pankower Rentnerpaar mit Räumung. Jetzt ist ein Kompromiss in Sicht.

Detlev Untermann hat genau Maß genommen. Ein Quadratmeter bleibt ihm bei den Mülltonnen für das Katzenhaus. „Das reicht, um die Tiere vor Kälte und Regen zu schützen“, sagt der 64-Jährige. Sein Rücken ist gekrümmt. Mit der schwieligen Hand fährt er über den Verschlag, den er gebaut hat. Meistens sind es fünf, manchmal kommen auch zehn: Streunende Katzen wissen, dass sie an der Ossietzkystraße in Pankow versorgt werden. Bis zu 300 Euro geben Detlev und Yvette Untermann jeden Monat für Futter und Pflege aus. In ihrer eigenen Wohnung ist kein Platz für die Tiere. Dort leben schon ihre Katzen Muschi, Mohrchen und Molly.

Den Nachbarn geht die Tierliebe zu weit. Sie haben sich beim Vermieter Gesobau über das Paar und deren Katzen beschwert. Die Tiere seien zu dreckig und zu laut. Was sie am Futterplatz hinterlassen, stinke. „Wir haben angeblich gegen die Hausordnung verstoßen“, sagt Detlev Untermann. Seit 2008 bekommen sie regelmäßig Post von der Gesobau. Der ehemalige Schriftsetzer heftet alle Papiere in einem Aktenordner ab. Dass die Nachbarn sauer sind, können sich die Untermanns nicht vorstellen. „Wir kennen die Leute im Haus und haben uns immer freundlich unterhalten“, sagt Yvette Untermann. Die, die sich beschwert haben, wollen jetzt nichts mehr sagen. „Lassen Sie mich mit den Viechern in Ruhe“, knurrt ein Mann, der aus einem der Häuser der Siedlung kommt.

Was als Streit unter Nachbarn begann, eskalierte in der vergangenen Woche. Die Gesobau schickte den Untermanns die fristlose Kündigung. „Damit haben wir nicht gerechnet“, sagt Yvette Untermann. Das Ehepaar nahm sich einen Anwalt und ging an die Öffentlichkeit. Seit 2001 wohnen sie als Mieter bei der Gesobau. Ihre Zwei-Zimmer-Wohnung quillt über vor Erinnerungsstücken. Fotos der Familie hängen an den Wänden. Die Häkeldeckchen liegen akkurat auf dem Wohnzimmertisch, kein Staub ist an den Katzenfiguren aus Porzellan, Blümchenvasen stehen in der Schrankwand. Seit 35 Jahren sind die Untermanns verheiratet. Fünf Söhne haben sie groß gezogen. Ihre zwölf Enkel und drei Urenkel kommen regelmäßig vorbei. Wenn jemand Hilfe braucht, sind sie da. Mit ihren 77 Jahren hilft Yvette Untermann alten Menschen in der Nachbarschaft beim Einkaufen oder Putzen. Wenn jemand eine kranke Katze findet, ruft der sowieso bei den Untermanns an.

Zwischen 300 000 und 350 000 Katzen leben in Berlin, Streuner mit eingerechnet. Am heutigen Weltkatzentag will Klaus Lüdcke, Tierschutzbeauftragter in Berlin, besonders an das Leid und die Belange der Katzen erinnern. 2002 hat der International Fund for Animal Welfare (IFAW) gemeinsam mit anderen Tierschützern die Initiative ins Leben gerufen. In Deutschland richtet die Tiertafel den Tag aus.

Lars Holborn, Prokurist bei der Gesobau, hat sich gestern den Katzenplatz in Pankow angeschaut. Er will nun einlenken. „Wenn der Futterplatz sauber ist und die Katzen kastriert sind, können wir die fristlose Kündigung zurücknehmen“, sagt Holborn. Der Tierschutzverein will den Untermanns helfen, die Auflagen zu erfüllen. Detlev Untermann bleibt skeptisch. Er will warten, bis er es schriftlich hat, dass sie in der Ossietzkystraße bleiben dürfen. Seine Frau lächelt. „Uns hätte sowieso keiner rausgekriegt“, sagt sie. „Das hätte ich nicht zugelassen.“

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