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Berlin: Paradies für Eis-Enten

Von Aliki Nassoufis Der Himmel sieht unheimlich aus: Schwarze Wolken hängen so aneinander, dass es die Sonne schwer hat, sich da hindurch zu kämpfen. Da verwundert es schon, dass das Prinzenbad in Kreuzberg geöffnet hat.

Von Aliki Nassoufis

Der Himmel sieht unheimlich aus: Schwarze Wolken hängen so aneinander, dass es die Sonne schwer hat, sich da hindurch zu kämpfen. Da verwundert es schon, dass das Prinzenbad in Kreuzberg geöffnet hat. Aber schließlich geht heute die Freibadsaison los. Vom Eingang aus sieht man deswegen auch immer wieder einige halbnackte Gestalten von den Schwimmbecken zurück zu den Umkleiden gehen. Sie bewegen sich zwar zügig, aber wirklich eilig scheinen sie es nicht zu haben.

„Bei diesem Wetter kommen immer nur die Eis-Enten“, erklärt die Kassiererin des Freibades, Ulrike Haase. Vierzig Angehörige dieser seltenen Spezies habe es bereits in den ersten zwei Stunden seit Kassenöffnung um sieben Uhr früh ins Freibad gezogen.

Im so genannten Mehrzweckbecken im hinteren Teil ziehen acht Schwimmer ihre Bahnen. Ihre Körper sieht man nur ganz selten. Meist halten sie alles, selbst den Kopf so unter Wasser, dass er mit der kalten Luft über dem Wasser nicht in Kontakt kommt. Elf Grad beträgt die Lufttemperatur angeblich. Das Wasser selber ist gar nicht so kalt: Auf 20 Grad ist es angeheizt. Wirklich warm ist aber auch das nicht, erzählt Vera Klauer. Sie ist gerade dabei, ihre 2000 Meter zu schwimmen. Wenn sie sich bewegt, sei die Temperatur okay, sagt sie. Aber wenn sie wie jetzt zum Interview Pause macht, wird ihr schon „sehr kalt". So hüpft sie nun auch angespannt im Wasser hin und her. Draußen schwimmen sei eben schöner, findet sie. Angst vor einer Grippe? Nö, die hat sie auch bei diesem Wetter nicht. Blaue Lippen hat sie merkwürdigerweise auch nicht.

Auf der Liegewiese ist nichts los - selbstverständlich. Nur die Mülleimer warten auf die Gäste, die nicht nur ihre Schwimmsachen, sondern auch Verpflegung für den ganzen Tag mitbringen. Heute sind wohl eher die Sportler hier, sie wollen nicht planschen, sondern schwimmen. Sie kommen zwar in dicker Winterkleidung zum Freibad, aber irgendwie sieht auch das bei ihnen sportlicher als bei anderen Zeitgenossen aus. Die gucken dann auch recht ungläubig, wenn sie im beheizten Auto am Schwimmbad vorbeifahren und dort Badegäste rein- und rausgehen sehen.

Irgendwie haben sie auch Recht: Allein vom Zugucken wird einem kalt. Jetzt fängt es auch noch an zu nieseln.

Da nähert sich ein neuer Schwimmgast an dem beheizten Becken. Etwas vorsichtig geht in Richtung Wasser. Er guckt unschlüssig. Dann legt er seinen Bademantel auf die Mauer in der Nähe des Beckens. Der Wind ist so stark, dass er den Mantel fast herunterweht. Der junge Mann zögert. Er hält seine Fingerspitzen ins Wasser. Aber nur für einige Sekunden. Dann testet er die Temperatur, indem er die Zehen hineintunkt. Es scheint ihn nicht zu überzeugen. Trotzdem setzt er langsam seine Schwimmbrille auf. Für eine ganze Weile bleibt er nun aber am Beckenrand hocken. Dann, was sich für den angezogenen Beobachter nach einer eisigen Ewigkeit anfühlt, stützt er sich mit seinen Armen am Rand ab - und hält seine Beine bis zum Knie ins Wasser. Dann bis zur Hüfte. Sein Körper gewöhnt sich allmählich an die Kühle. Etwas später steht er bis zum Bauch im Wasser. Er guckt nachdenklich um sich. Auf einmal reibt er sich seine Brust mit wilden Handbewegungen mit dem Wasser ein. Und schwimmt los. Nach Spaß hat das nicht ausgesehen. „Ist es aber,“ beteuert Robert, der mutige Schwimmer. „Ich will den ersten Tag im Freibad genießen“, sagt der 37- Jährige mit der schwarzen Badehose und der blauen Brille.

Eigentlich jogge er ja sonst, verrät der Sportler. Aber ohne lärmende Kinder zu schwimmen, das sei auch was wert, sagt er schmunzelnd.

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