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© dpa

Parasiten: In der Überzahl

Drei bis sechs Millionen Ratten leben in Berlin. Die Hauptstadt bietet ihnen komfortable Lebensbedingungen. Mehr Sorgen bereiten Experten allerdings Bettwanzen.

Von Sabine Beikler

Sie tummeln sich in Grünanlagen, an Spree- und Havelufern, verkehren gern in der Nähe von Imbissbuden und finden auch manchmal den Weg in die heimische Küche oder ins Bad: Ratten, genauer Wanderratten, haben in einer Großstadt wie Berlin beste Lebensbedingungen. Vor allem in Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf fühlen sich die Nager gern wohl. 3063 Mal mussten Schädlingsbekämpfer zwischen 2004 und 2007 im Kampf gegen die Nager einschreiten. Mehr als 2300 Fälle wurden den Gesundheitsämtern in der West-City gemeldet, wie die Senatsgesundheitsverwaltung in einer Kleinen Anfrage mitteilte. „Ratten sind sichtbarer geworden“, sagt Mario Heising, Landesvorsitzender des Deutschen Schädlingsbekämpfer Verbandes (DSV). Von einer Rattenplage könne man nicht sprechen, sagt Heising. Das größere Schädlingsproblem, das in Berlin auf dem Vormarsch ist, seien – Bettwanzen. Die würden durch Fernreisen mitgebracht und könnten sich dann in heimischen Gefilden gut ausbreiten.

Dass in den innenstädtischen Bereichen mehr Fälle von Rattenbekämpfung registriert werden, liegt an der Kanalisationsdichte. 90 Prozent der Einsätze gegen Ratten seien auf Materialdefekte oder Baumängel in Häusern zurückzuführen, sagt der Experte. Dass die Schädlingsbekämpfer am häufigsten – in 33 Prozent aller Fälle – zu Wohn- und Mietshäusern gerufen werden, hänge mit Modernisierungen der Leitungssysteme zusammen. Drangen die Ratten früher in die Keller vor, können sie über Schächte auch die oberen Etagen erreichen. Experten raten deshalb, keine Speisereste in den Ausguss von Toiletten zu kippen. Es gibt keine seriösen Zahlen über Ratten in Berlin. Vorsichtige Schätzungen gehen von drei bis sechs Millionen aus.

Rattenbekämpfung ist Vermietersache

Bis 2006 gab es eine Meldepflicht für Rattenbekämpfungsfälle in Berlin. Die Aufhebung der Vorschrift erfolgte durch ein Gesetz zur Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung. Allerdings fordern Schädlingsbekämpfer und Gesundheitspolitiker eine erneute Anzeigenpflicht. „Es fehlen Zahlen, um zu wissen, wie sich die Populationen ausdehnen“, sagt FDP-Politiker Kai Gersch. Eine solche Statistik sei aber für die Prävention notwendig, um mögliche Infektionen zu verhindern. Ratten können Krankheitserreger wie Salmonellen, Leptospiren oder Toxoplasmen übertragen, die zu schweren Organschädigungen führen können. „Nur über eine zentrale Registrierung können wir den Ursprung einer riesigen Rattenpopulation wirksam bekämpfen“, sagt Schädlingsbekämpfer Heising. Die Gesundheitsverwaltung prüft derzeit, ob die Meldepflicht für Schädlinge wie Ratten oder Schaben wieder eingeführt werden soll.

Wenn Mieter Rattenbefall entdecken, können sie den Eigentümer über die neuen Mitbewohner informieren, der dann aktiv werden muss. „Das ist grundsätzlich Vermietersache, außer Mieter sind durch Hygienemängel dafür verantwortlich“, sagt Hartmann Vetter vom Berliner Mieterverein. Reagiert ein Vermieter nicht auf Schädlingsbefall, solle man sich an das örtliche Gesundheitsamt wenden. 

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