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Die Pariser RATP-Gruppe bewirbt sich für den Betrieb auf dem S-Bahnring.

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Pariser RATP bewirbt sich für den S-Bahnbetrieb: Auch die Franzosen können nicht zaubern

Die Pariser RATP-Gruppe will den Betrieb auf dem Ring übernehmen und wirbt für sich. Doch das Geheimrezept für einen reibungslosen Verkehr haben die Franzosen offenbar auch noch nicht.

Französisch müssen die Fahrgäste nicht verstehen, falls das französische Nahverkehrsunternehmen RATP die Ausschreibung für den Betrieb auf dem S-Bahn-Ring gewinnen sollte. Und anders als in Paris bei der Metro, dem Heimatmarkt von RATP, würde es auch keine Zugangssperren an den Bahnsteigen geben, sagte am Mittwoch in Berlin Alain Polonsky, der Vizepräsident von RATP Dev, das die Auslandsprojekte steuert. Verbessert würde vor allem die Information der Fahrgäste, versprach RATP-Dev-Chef Francois Xavier Périn. Weiter auf Deutsch.

Die Franzosen gingen bei der Ausschreibung des künftigen S-Bahn-Betriebs als erste in die Offensive und warben in Berlin für sich – als eine Unternehmensgruppe, die weltweit bei der Zahl der Fahrgäste an fünfter Stelle liege. In zwölf Ländern auf vier Kontinenten lässt die 2002 gegründete Auslandsabteilung der RATP inzwischen Bahnen und Busse fahren; unter anderem betreibt das Unternehmen rund 60 Buslinien in London sowie Straßenbahnen in Manchester und Florenz. Auch in Marokko, Südafrika, Südkorea, Indien und China sowie künftig in Washington und Tucson in Arizona sind die Franzosen aktiv.

Nun soll Berlin folgen – als Einstieg für die RATP-Gruppe auf dem deutschen Markt, wie Périn sagte. Berlin sei mit Paris vergleichbar, begründete er den Schritt an die Spree. Vor allem die von RATP betriebenen regionalen Expresslinien im Pariser Raum ähnelten der Berliner S-Bahn. Das Netz der Metro in Paris besteht aus 300 Stationen und 14 Linien; zwei davon sind für einen fahrerlosen Betrieb ausgestattet. Hier besitze die staatliche RATP langfristige Verträge, sagte Polonsky; nur bei neuen Linien müsse man sich derzeit dem Wettbewerb stellen.

Einen „Zauberstab“ für einen reibungslosen Verkehr bei der S-Bahn in Berlin besitze RATP allerdings auch nicht, gab Périn zu. Die vom Senat für den Betrieb geforderten knapp 400 neue Wagen könnten nur nach und nach beschafft werden, sagte Polonsky. Der Verkehrsvertrag mit der S-Bahn läuft Mitte Dezember 2017 aus, der künftige Betreiber wird aber voraussichtlich erst Mitte 2014 ausgewählt. Drei bis vier Jahre nach der Betriebsübernahme könne es dauern, bis alle neuen Fahrzeuge vorhanden seien, sagte Polonsky. Für die Zwischenzeit müsse der Senat eine Übergangslösung finden.

Für den Betrieb würde RATP derzeitige Mitarbeiter der S-Bahn übernehmen und nach Tarif bezahlen, sagte Polonsky weiter. Dies schreiben die Ausschreibungsbedingungen allerdings auch vor. Wechseln müssten die Mitarbeiter aber nicht; die Bahn könnte ihnen andere Stellen im Konzern anbieten. Vor allem Lokführer sind derzeit begehrt. Die S-Bahn beschäftigt derzeit rund tausend Triebfahrzeugführer. Sie hat den Bestand aufgestockt, nachdem verstärkt Fahrten ausgefallen waren, weil es zu wenig Fahrer gab.

RATP plane das Berlin-Engagement langfristig, sagte Polonsky weiter. Dabei müsse das Unternehmen nicht sofort Gewinn machen. Das Geld spielt beim Zuschlag die Hauptrolle. Durch den Wettbewerb will der Senat erreichen, dass die jährlichen Zuschüsse für den Betrieb, die aus der Bundeskasse kommen, verringert werden können. Nach dem Verkehrsvertrag überweist der Senat in diesem Jahr 248,3 Millionen Euro. Die S-Bahn hatte vor ihrer Krise mit jährlichen Millionengewinnen kalkuliert; allein 2010 sollten nach den alten Plänen 125,1 Millionen Euro in die Konzernkasse fließen.

Beim alten Vertrag hatte die Bahn ihr Monopol noch voll ausnutzen können und so den geforderten Zuschuss fast vollständig erhalten. Jetzt muss sie sich dem Wettbewerb stellen, den sie nur gewinnen kann, wenn ihr Angebot günstiger ist als das der Konkurrenten. Interesse am Betrieb der Berliner S-Bahn haben unter anderem auch die Unternehmen MTR aus Hongkong und National Express aus England angemeldet, die wie RATP bereits weltweit tätig sind. Auch sie wollen in der Hauptstadt Deutschlands den trotz der Krise immer noch prestigeträchtigen S-Bahn-Betrieb als Sprungbrett für den deutschen und internationalen Markt nutzen. Umgekehrt will Bahnchef

Rüdiger Grube den Verkehr in Berlin auf keinen Fall verlieren. Der Wettbewerb wird spannend. Und hier hat RATP vielleicht einen kleinen Vorteil. Polonsky hat immerhin bereits acht Jahre in Berlin gearbeitet und kennt die S-Bahn bestens – auch aus Zeiten vor der Krise.

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