zum Hauptinhalt

Berlin: Parteigelder: Zweierlei faules Obst

Was haben faule Äpfel und Birnen gemeinsam? Beides ist faules Obst.

Was haben faule Äpfel und Birnen gemeinsam? Beides ist faules Obst. Und was haben die Ungereimtheiten der Zehlendorfer SPD-Kasse und der CDU-Finanzaffäre gemeinsam? Das Anrüchige. Trotzdem bestehen größere Unterschiede.

"Jeder kehre vor seiner Tür", sprach der Regierende Bürgermeister CDU-Chef Eberhard Diepgen am Wochenende abwehrend. Dem schludrigen Finanzgebaren der Zehlendorfer Genossen kamen die Steglitzer Genossen anlässlich der Fusion der beiden Kreisverbände auf die Spur. Das Ergebnis der Sonderrevision ist im revidierten Rechenschaftsbericht für 1999 ausgewiesen; er wurde der Presse durch die SPD zugänglich gemacht. Wir berichteten am 8. Februar. Am selben Nachmittag wurde die CDU-Parteispende ruchbar, die sich zur Affäre auswuchs. Aber nicht, weil die CDU eine Last loswerden wollte, sondern weil Gerüchte der Anlass zu Nachfragen bei Klaus Landowsky waren. Was also wiegt schwerer? Der dubiose CDU-Umgang mit der Parteispende von insgesamt 40 000 Mark? Oder das parteiinterne Fehlverhalten bei der SPD, bei dem knapp 87 000 Mark eine Rolle spielen?

Zunächst zur SPD. Der Kreis Zehlendorf hat dem Landes- und Bundesverband Anteile an den Mitgliedsbeiträgen 1999 vorenthalten. Diese 87 000 Mark werden vom neuen Kreis Steglitz-Zehlendorf an den Landesverband "abgestottert"; 20 000 Mark sind noch abzuzahlen. Es ist so, dass 75 Prozent der Parteibeiträge dem Landesverband, 15 Prozent dem Bundesverband, zehn Prozent dem jeweiligen Kreisverband gehören.

Wegen Unterschlagung von gut 5000 Mark hat der frühere Zehlendorfer SPD-Kreiskassierer Ernst Ulrich Sacharowitz ein "notarielles Schuldanerkenntnis" abgegeben. Er trat aus aus der SPD aus. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft von Amts wegen wegen Untreue gegen ihn auf Grund der Presseberichte. Bei der Sonderrevision wurde Schlimmeres aufgedeckt: Unregelmäßigkeiten bei der Buchführung, unsaubere Abrechnungen, dubiose Beschäftigungsverhältnisse, in einem Fall ohne Vertrag.

Preisfrage: Ahnten der damalige Kreisvorsitzende Peter Senft und der Kreisgeschäftsführer Michael Karnetzki wirklich nichts von all dem? Beide sitzen jetzt im Kreisvorstand Steglitz-Zehlendorf. Sie fühlen sich durch die indirekte Aufforderung zum Rücktritt per Beschluss der Kreisdelegiertenversammlung vom 29. Januar nicht angesprochen; ihre Namen wurden vornehm nicht genannt. Sie müssten auch ohne eigene Schuld aus ihrer Verantwortung Konsequenzen ziehen. Tut das jemand bei der CDU? Es ist ist immer dasselbe Lied: Verantwortung wird mit Schuld gleichgesetzt.

Ein Nebenprodukt der Kreisrevision wiegt offenbar so schwer, dass sich sogar der SPD-Bundesvorstand mit einer Sonderprüfung eingeschaltet hat. Es geht um Sonderabgaben, die die SPD wie jede andere Partei von ihren Mandats- und Amtsträgern erhebt. Diese gelten als steuerabzugsfähige Parteispenden. Zehlendorfer SPD-Bezirksverordneten wurden aber in einer früheren Wahlperiode höhere Beträge quittiert als die Partei verlangte. Von den bescheinigten rund 180 Mark waren 50 Mark Fraktionsumlagen. Der seinerzeitige Kreiskassierer (nicht Sacharowitz) war auch Fraktionskassierer. Wie lange gab es wieviele solcher Fälle? Wird untersucht. War es Steuerhinterziehung und Beihilfe dazu? Wird untersucht.

Nun zur CDU. Nicht die Parteispende, sondern der Umgang mit derselben am Parteiengesetz und innerparteilichen Verhaltensregeln vorbei macht die Affäre aus. Klaus Landowsky verliert seinen Posten als Bankchef der Berlin Hyp, einer Tochter Bankgesellschaft, weil er für die Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft verantwortlich ist und in diesem Zusammenhang wegen der Parteispende in der Schusslinie steht.

Er hat jene zwei Mal 20 000 Mark in zwei Kuverts 1995 von seinen alten CDU-Freunden Christian Neuling und Klaus-Hermann Wienhold in der Bank in bar entgegengenommen. Die beiden waren als Aubis-Geschäftsführer zugleich Großkreditnehmer der Berlin Hyp. Obendrein war Dankward Buwitt, der Landowsky als Aufsichtsratsmitglied zu kontrollieren hatte (und noch hat), zwecks Abholung des Geldes bei Landowsky in der Bank; und keine einzige Mark wurde als Aubis-Spende verbucht. Das nennt man perfekte Verschleierung. Landowsky hat mit einer Parteistrafe zu rechnen. Nur das ist Sache der CDU. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss wird sich auch mit der Frage beschäftigen, ob mehr als ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Barspende und dem Aubis-Kreditrahmen über 700 Millionen Mark bestand. Landowsky steht auch als Fraktionschef der CDU unter Beschuss, will aber nicht zurücktreten.

Und weil die Dimensionen unterschiedlich sind, können 40 000 Mark bei der CDU schwerer wiegen als die mehr als doppelte Summe bei der SPD.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false