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Berlin: Parteistrategen halten fast jede Koalition für möglich - Die CDU denkt an „Jamaika“, die FDP an die Ampel. Nur wenige Bündnisse sind ausgeschlossen

Vor der Wahl ist nach der Wahl – jedenfalls für die Strategen in den Parteien. Die denken über Koalitionen nach, ohne das Wahlergebnis zu kennen.

Vor der Wahl ist nach der Wahl – jedenfalls für die Strategen in den Parteien. Die denken über Koalitionen nach, ohne das Wahlergebnis zu kennen. Aber man kann ja versuchen, das ein oder andere Bündnis herbeizureden. In diesem Sinne hat FDP- Landeschef Markus Löning ein paar Essentials für eine Ampel-Koalition formuliert. Die FDP wäre bereit, nach der Wahl am 17. September über ein Bündnis mit der SPD und den Grünen zu sprechen, wenn man von vier Voraussetzungen für die Regierungsarbeit ausgehen könne: Es wird in Berlin keine Einheitschule geben; die Haushaltskonsolidierung wird fortgesetzt; der neue Senat wird weiter Personal abbauen; man verständigt sich auf Fortschritte bei der Privatisierung von Aufgaben des öffentlichen Dienstes.

Die FDP will damit zeigen, dass sie nicht auf das bürgerlich-konservative Lager fixiert ist. Anders gesagt: Wer bürgerlich-konservative Inhalte in der Berliner Politik wiederfinden will, soll auf die FDP setzen. Denn deren Chancen auf Teilhabe an der Macht sind allen Umfragen zufolge größer als die der Union.

Denn SPD-Spitzenkandidat Klaus Wowereit sagt, dass es eine Berliner Ausgabe der großen Koalition nicht geben wird. Nach fünfjähriger Praxis zieht er die Fortsetzung mit der ebenso alltagstauglichen wie konfliktscheuen PDS vor. Dort setzt man – logisch – auf weitere rot-rote Jahre.

Rot-Rot-Grün ist ebenfalls denkbar, weil in der SPD die Gefühle für rot-grüne „Projekte“ alle bundespolitischen Desillusionierungen gut überstanden haben. Die SPD-Strategen sehen es als die komplizierte Variante für den Fall, dass die Wähler nicht ganz so links wählen wie bisher. Und auch eine Ampel-Koalition von SPD, FDP und Grünen kommt in den Planspielen vor – weil es nicht falsch ist, kleinere Partner zum frühestmöglichen Zeitpunkt unter Druck zu setzen. Das hält die Erwartungen der Sozialisten kurz – und die der Grünen ebenso.

Die Grünen haben sich darauf eingestellt. Ihre Spitzenkandidatin Franziska Eichstädt-Bohlig hofft auf und redet von Rot-Grün, was sie glaubhaft verkörpert: Sie war Stadträtin zu Zeiten, zu denen das „Reformbündnis“ und Generationsprojekt Rot-Grün im Bund noch nicht verbraucht war, sie saß zu Gerhard Schröders Zeiten im Bundestag. Ihr Blick auf eine Ampel ist skeptisch: Steuer- und privatisierungspolitisch geht ihr die FDP zu weit. Jüngere unter den Grünen senden andere Signale. Gewiss, mit der SPD habe man 70 bis 75 Prozent inhaltliche Übereinstimmung, sagt Fraktionschef Volker Ratzmann. Doch wenn es zum Regieren nicht reicht, „muss man sehen“.

Fundamentalopposition ist bei den Grünen nur in Richtung Union zu erkennen. Vor mehr als zwei Jahren hat sich CDU- Fraktionschef Nicolas Zimmer eine Abfuhr seitens der Grünen eingehandelt. Inzwischen ist bei der CDU einiges passiert, doch die Abneigung der Grünen ist geblieben. CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger wirbt trotzdem für „Jamaika“. Im „Spiegel“ sprach er vom schwarz-gelb- grünen Bündnis als historischer Chance. Er sieht darin Möglichkeiten, zu den konservativen Anfängen des Umweltschutzgedankens zurückzukehren. Dass der Vorschlag bei den Grünen nicht verfängt, stört CDU-Strategen nicht: Man wolle Denkblockaden aufbrechen. Das seien Überlegungen für die Zeit nach der Wahl.

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