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PARTY Gänger: King Size

Auf dem Barhocker vor der mit Spiegelfolie beklebten Eingangstür sitzt ein Berg von einem Mann, der eine fast schon buddhistische Gelassenheit ausstrahlt. Die braucht er auch, denn unmittelbar vor ihm rollt der Samstagnachtverkehr über die Friedrichstraße, und Pubcrawler wanken über das Trottoir, auf dem Weg zum nächsten Trinkstopp.

Auf dem Barhocker vor der mit Spiegelfolie beklebten Eingangstür sitzt ein Berg von einem Mann, der eine fast schon buddhistische Gelassenheit ausstrahlt. Die braucht er auch, denn unmittelbar vor ihm rollt der Samstagnachtverkehr über die Friedrichstraße, und Pubcrawler wanken über das Trottoir, auf dem Weg zum nächsten Trinkstopp. Sie torkeln vorbei an dem mit Graffiti verzierten, bröckelnden Haus, das zum Teil in ein Schutznetz gehüllt ist, damit kein Putz auf die Passanten herabfällt. Für einen Moment wähnt man sich in die frühen Neunziger zurückversetzt, weil dieser Abschnitt der nördlichen Friedrichstraße so kaputt und verwahrlost wirkt.

Der Berg von einem Mann, der den Eingang versperrt, mustert einen kurz. Dann neigt er sich zur Seite und gibt den Weg frei zu dem Laden, dessen spartanische Anmutung im krassen Gegensatz zu seinem Namen steht: „King Size“. Von königlicher Größe scheint hier bestenfalls das Ego der Betreiber, und ihre Namenswahl für den kleinen Raum, den man mit wenigen Schritten durchquert hat, zeugt von einem gewissen Maß an Selbstironie. Von den Wänden blättert vergilbte Farbe; Einrichtung ist – bis auf den Tresen auf der rechten Seite – nicht vorhanden. Dafür hängen diverse Gemälde und Zeichnungen an den Wänden, zum Teil von namhaften Künstlern wie Jonathan Meese. Aus den Boxen dringt House, und obwohl die Nacht für Berliner Verhältnisse noch recht jung ist, bilden die Gäste schon einen Rückstau, der bis zur Schwelle der Eingangstür reicht.

Vor knapp anderthalb Monaten hat das King Size eröffnet, innerhalb weniger Wochen ist es zum neuen Szeneliebling avanciert. Betrieben wird es von drei eifrigen Nachtlebengrößen: von Cornelius Opper, der mit Clubs wie dem „Rio“ oder „Scala“ neue Ausgehmaßstäbe gesetzt hat, sowie von Stephan Landwehr und Boris Radczun. Die beiden letzteren haben sich mit ihrem Promilokal „Grill Royal“ einen Namen gemacht, das sich nur wenige Gehminuten vom King Size entfernt befindet. Mit ihrem neuen Laden, der sich im Laufe dieser Nacht bis an den Rand zur Ohnmacht mit Menschen füllt, liefern sie nun das komplette Gegenprogramm: Während man im Grill Royal an weiß eingedeckten Tischen gepflegt beisammensitzt, wird man im King Size schnell Teil der feiernden Masse. Weil man keine andere Wahl hat. Weil man keine andere Wahl haben will. Ein Dominoeffekt, der vielleicht auch den Erfolg des King Size erklärt, das nicht recht zu wissen scheint, ob es sich als Bar versteht oder doch lieber als Club. Es ist unprätentiös, authentisch, fast anarchisch. Ein Laden, wie aus der Zeit gefallen. An einem Ort, wie aus der Zeit gefallen. Nana Heymann

Friedrichstraße 112 b, geöffnet mittwochs bis samstags ab 19 Uhr, Eintritt frei

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