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Berlin: Passagiere müssen zahlen – aber nicht für den neuen Airport

Flughafenbetreiber: Erlöse für laufenden Betrieb / Fluglinien: Verdeckte Finanzierung

Von Klaus Kurpjuweit

Die Flughafengebühren sollen ab 2003 um drei Euro pro Passagier steigen – doch wofür das Geld verwendet wird, ist unklar. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte in der vergangenen Woche erklärt, die Gebührenerhöhung soll den Neubau des Großflughafens vorfinanzieren. Dem widerspricht die Flughafengesellschaft: Die Einnahmen sollen den laufenden Betrieb der Flughäfen finanzieren.

Wowereit hatte vor der Unterzeichnung der Vereinbarung mit den Investoren erklärt, im Zusammenhang mit der Privatisierung würden auch die Gebühren zum 1. April 2003 um drei Euro erhöht. Nach Aufnahme des Betriebs von Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld sollen sie dann noch einmal um 5,10 Euro steigen. Dies hatte, wie berichtet, zu Protesten bei den Fluggesellschaften geführt, die darin eine Vorfinanzierung des Flughafen-Ausbaus sehen, was sie ablehnen.

Nach Angaben der Sprecherin der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF), Rosemarie Meichsner, war die Erhöhung jedoch schon längst im Wirtschaftsplan der BBF vorgesehen. Damit würden nur Kosten aus dem laufenden Betrieb gedeckt. Die BBF hatte schon zum 1. April die Gebühren für die „zentrale Infrastruktur“ um 2,50 Euro erhöht, so dass derzeit pro Passagier 6,60 Euro fällig werden. Bereits diesen Schritt haben die Fluggesellschaften nicht mitgemacht und verweigern die Zahlung der 2,50 Euro. Der Generalsekretär der Interessenvertretung Barig der Fluggesellschaften, Martin Gaebges, nimmt der BBF nicht ab, dass die Erhöhung ausschließlich zur Deckung der laufenden Betriebskosten erforderlich sei. „Hier soll der Flughafen-Ausbau in Schönefeld vorfinanziert werden“, ist Gaebges überzeugt. Und die drei Euro, die im nächsten Jahr folgen sollen, wertet er als Lockangebot für die potenziellen Käufer der Flughafengesellschaft.

Klaus Köllen, Geschäftsführer des Konsortiums von Hochtief und IVG, sagte dem Tagesspiegel, vor der Eröffnung des Flughafens Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld werde es keine Gebühr zur Finanzierung des Ausbaus geben. Erst danach erfolge die Refinanzierung auch über Entgelte. Dies sei international üblich. Auch in einem Vorschlag für eine Richtlinie der EU über Flughafengebühren sind Finanzierungskosten für die Infrastruktur und Finanzierungsangebote als Faktoren für die Gebührenhöhe vorgesehen. Die Fluggesellschaften wehren sich aber auch grundsätzlich gegen höhere Gebühren in Berlin. Die Fluggäste hier reagierten sehr preissensibel, sagte Gaebges. Bei hohen Gebühren ginge die Nachfrage zurück. Derzeit befinde sich Berlin bei den Gebühren im Mittelfeld. Nach den vorgesehenen Erhöhungen wäre die Stadt Spitze – teurer sogar als Frankfurt (Main).

Sollten die Gesellschaften weiter nicht zahlen, will die Flughafengesellschaft klagen. „Wir können nachweisen, dass das Geld für den laufenden Betrieb erforderlich ist“, sagte Meichsner. Selbst mit der nächsten Erhöhung sei keine Kostendeckung erreicht. Vor allem der Flughafen Tempelhof, den die Fluggesellschaften offen halten wollen, reiße ein tiefes Loch in die Kasse. Zudem habe Berlin die Gebühren seit vier Jahren nicht erhöht.

Barig-Generalsekretär Gaebges schlägt vor, eine Rahmenvereinbarung zur Gebührenentwicklung für die nächsten fünf Jahre abzuschließen. Diesen Vorschlag habe die BBF aber nicht aufgegriffen. Mit Hamburg und Frankfurt (Main) habe Barig solche Regelungen getroffen. Streit gibt es dort nicht mehr. Schlechtes Beispiel sei Düsseldorf, so Gaebges. Dort habe die Flughafengesellschaft die Gebühren nach dem Einstieg von Hochtief, das auch im Berliner Konsortium sitzt, um 15 Prozent erhöhen wollen. Genehmigt wurden dann 7,3 Prozent. Auch dort zahlten die Gesellschaften nicht und wurden verklagt. In erster Instanz setzte sich der Flughafen durch.

Einen ganz anderen Weg ging München. Dort wurden die Gebühren auch nach der Eröffnung des neuen Flughafens jahrelang nicht erhöht. So wollte man neue Gesellschaften anlocken, sagte Flughafensprecher Hans-Joachim Bues. Mit Erfolg. München hat sich zum zweiten Drehkreuz in Deutschland entwickelt. Und als die Gebühren steigen sollten, setzte der Flughafen die Erhöhung nach dem 11. September und dem darauf folgenden Rückgang der Passagierzahlen aus, um die Fluggesellschaften zu entlasten.

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