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Berlin: PDS-Debatte: Dringlich erwartet, aber nicht zufrieden stellend

Die Erklärung, mit der sich der PDS-Bundesvorstand vom Bau der Mauer am 13. August 1961 distanziert, hat bei der SPD Genugtuung ausgelöst, allerdings nicht uneingeschränkt.

Die Erklärung, mit der sich der PDS-Bundesvorstand vom Bau der Mauer am 13. August 1961 distanziert, hat bei der SPD Genugtuung ausgelöst, allerdings nicht uneingeschränkt. Vermisst wird vor allem eine Entschuldigung. Der SPD-Landesvorsitzende Peter Strieder begrüßte es als "wichtiges Signal, dass die PDS mit dieser Erkärung Verantwortung für die Unrechtstaten des SED-Regimes übernimmt". Zugleich habe sie damit die verharmlosenden Äußerungen ihres früheren stellvertretenden Bundesvorsitzenden Peter Porsch zurückgewiesen. "Auch wenn die Verbrechen im Zusammenhang mit der Mauer nicht entschuldbar sind, wäre die Bitte um Entschuldigung ein notwendiges Wort gewesen", sagte Strieder. Die PDS habe "erfreulich klare Worte gefunden", aber: "Jetzt muss der Klärungsprozess in der PDS vorangetrieben werden. Es darf nicht bei Erklärungen der Parteiführung bleiben."

SPD-Fraktionschef Michael Müller nannte die PDS-Erklärung überfällig: "Die PDS fängt zwar spät mit der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit an, dennoch wird dieser Prozess die Partei verändern und dafür sorgen, dass sie in der Bundesrepublik ankommt." Auch Müller betonte kritisch, "gerade diejenigen, denen der Bau der Mauer besonderes persönliches Leid zugefügt hat", hätten kein Verständnis dafür, "dass die PDS das Wort Entschuldigung aus innerparteilichen Gründen vermieden hat".

Ähnlich wie Strieder und Müller äußerten sich eine Reihe von SPD-Abgeordneten. So sprach Heidemarie Fischer (Wedding) von einem "riesigen Schritt vorwärts". Sie hätte sich aber "genauere Formulierungen und den Opfern zuliebe eine Entschuldigung gewünscht". Klaus Uwe Benneter (Zehlendorf) sagte, mit einer Vorstandserklärung sei es nicht getan. Durch ihr tägliches Verhalten müsse die PDS zeigen, dass sie die klare Distanzierung von der Mauer ernst meine. Benneter erinnerte daran, dass man sich auch mit der Nazi-Vergangenheit weiterhin auseinanderzusetzen habe.

Karin Seidel-Kalmutzki (Hohenschönhausen) findet es verwunderlich, dass die PDS-Führung sich wieder auf das alte Vokabular wie Stalinismus im Osten und Kapitalismus im Westen beruft: "Das haben wir schon in der Schule gehört." Die Erklärung sei "nicht das, was ich erwartet habe". Man müsse zwar zwischen den Jüngeren und den Älteren in der PDS unterscheiden und damit zwischen Verantwortung und Schuld, aber Frau Seidel-Kalmutzki vermisst eine eindeutige Entschuldigung und die Diskussion in der großen Breite der PDS: "Ich befürchte, dass das, was die PDS-Führung sagt, an der Basis noch nicht angekommen ist." Ihr Ost-Kollege Hans-Peter Seitz (Köpenick) gibt zu bedenken, die Aufarbeitung der Geschichte sei ein ständiger Prozess. Mit einer formalen Entschuldigung allein wäre es für ihn auch nicht getan gewesen. Manche in der SPD seien auf Grund ihrer persönlichen Erfahrungen mit dem SED-Regime für gar keine Erklärung der PDS erreichbar. Drei Ost-Abgeordnete hatten dem Senatswechsel nicht zugestimmt.

Seit dem Regierungswechsel Mitte Juni wurden nach Angaben von SPD-Landesgeschäftsführer Ralf Wieland 15 Parteiaustritte wegen der Zusammenarbeit mit der PDS, jedoch in der gleichen Zeit 49 Eintritte registriert. In einem Offenen Brief begründete der Neuköllner Ingo Simon seinen Parteiaustritt nach 34 Jahren mit "Doppelmoral vieler SPD-Funktionäre". Kein CDU-Skandal könne "den Pakt mit der Nachfolge-Organisation einer Verbrecher- und Mörderpartei rechtfertigen."

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